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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
78.2016, Heft 1.2016
Seite: 121
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2016-01/0123
ler Aufträge bringen Kritik und Ablehnung den Künstler als Familienvater zweier
Töchter in finanzielle Bedrängnis. In der wirtschaftlich aufstrebenden Bundesrepublik
der 50er Jahre befindet sich Ibenthaler außerhalb der bürgerlichen Norm.

Mit der stärkeren Westintegrierung der Republik gelangen künstlerische Einflüsse
aus Frankreich und Amerika ins Land. Die ungegenständliche Kunst gilt immer
mehr als Ausdruck der Freiheit. Vor dieser Entwicklung, die sich ohne sein Zutun
vollzieht, sieht Ibenthaler seinen hart erarbeiteten Standpunkt in Frage gestellt.
Mit Blick auf das, wofür seine Generation im Krieg geopfert wurde, können die
neuen Tendenzen einer Malerei, die den Gegenstand leugnet, nur als Verrat verstanden
werden. Ibenthaler erfährt vermutlich ein Gefühl der Ohnmacht, die nach
seiner Auffassung immer mehr verflachenden Entwicklungen in der Kunst beeinflussen
zu können.

Seine zahlreichen, im Laufe der Jahre formulierten kritischen Stellungnahmen
in der Tagespresse, wodurch er sich mehr und mehr in eine Außenseiterposition
und innere Isolation manövrierte, sprechen eine beredte Sprache.

Auch ist denkbar, dass Ibenthaler, wie viele Bildungsbürger der 50er Jahre, die
mehrheitlich mit Unverständnis auf die ungegenständliche Kunst reagierten, in seiner
ablehnenden Haltung durch die Position des 1947 erschienenen Buches „Verlust
der Mitte" des Kunsthistorikers Hans Sedlmayr unterstützt wird. Die Schrift
basiert auf einer die Kunst betreffenden Zivilisationskritik, getragen vom christlichen
Grundverständnis, der Mensch in seiner Ebenbildlichkeit Gottes habe eine
unwandelbare bleibende Mitte. Wie der Mensch der Moderne diese Ebenbildlichkeit
leugne, so verliere die Kunst der Moderne ihre Mitte.

Das Buch kam der Gefühlslage der Mehrheit der Intellektuellen in Deutschland
entgegen, die offensichtlich in den neueren künstlerischen Entwicklungen eine ihr
Menschsein betreffende Bedrohung befürchtete.

Das bisher Gesagte macht deutlich, dass ein Konglomerat unterschiedlicher Variablen
von Entfremdungserfahrungen gleichermaßen bewusst oder unbewusst Ibenthalers
Denk- und Entscheidungsmuster bestimmte und ihn veranlasste, seine Einstellung und
sein Wertverständnis, - fast möchte man sagen - manisch zu verteidigen. Verständlich,
dass eine Abwendung von seinem wertkonservativen Weltbüd, das sich Ibenthaler unter
schwierigsten Bedingungen erworben hatte, einer Selbstaufgabe gleichgekommen
wäre. Ibenthaler hätte seine künstlerische Identität preisgeben müssen.

Die Hartnäckigkeit, mit der er für sich die Schlussfolgerung zieht, Beständiges
habe auch Bestand, und mit der er sich in seiner Arbeit neuen Kunstströmungen
verweigert, zwingt ihn schließlich in die Tragik der inneren Emigration.

Abschließend lässt sich zusammenfassend sagen:

Paul Ibenthalers formal und inhaltlich überzeugend vorgetragene Kunst, deren
Grundlagen er sich als Soldat in Paris erwerben konnte, ist sowohl stilistisch wie
inhaltlich dem Expressionismus verpflichtet.

Die Künstler der Nachkriegsgeneration und so auch Paul Ibenthaler sind als Vermittler
revolutionärer künstlerischer Strömungen zu sehen, die allerdings in die
frühen Anfänge des 20. Jahrhunderts zurückreichen.

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