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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
79.2017, Heft 1.2017
Seite: 15
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2017-01/0017
(„Glücklich, wer dir an Frömmigkeit gleichkommen wird, glücklich, wer dir an
Güte gleichkommen wird, glücklich, wer, wie er selbst, Gott kennt, glücklich, wer
für Gott lebt, wie er selbst, glücklich, wer, wie er selbst, für Gott stirbt.")

Das ist schon deshalb bemerkenswert, weil Cherler als Schüler der streng lutherischen
Theologen Johann Marbach und Simon Sulzer eigentlich Castellio reserviert
gegenüberstehen könnte, saß dieser doch mit seiner Gegnerschaft gegen Calvin
und alle orthodoxe Theologie zwischen allen Stühlen und wurde von allen protestantischen
(und natürlich nicht nur diesen) Gruppen angegriffen. Umso eindrucksvoller
muss die Lebenshaltung Castellios gewesen sein, wenn Cherler nicht
nur seine humanistische Gelehrsamkeit würdigt, sondern auch seine Frömmigkeit.
Bezeichnend ist übrigens, dass Cherler den schärfsten Gegner (und ehemaligen
Förderer Castellios) Calvin nicht mit Namen nennt, sondern nur von einem qui-
dam spricht. Die Achtung vor dem einstigen Lehrer geht so weit, dass Cherler
weitere Gedichte auf den Tod seines hoch geschätzten Präzeptors verfasste, darunter
ein akrostichisches, das man nicht als bloße Spielerei abtuen sollte.44 Das Basler
intellektuelle Klima der Mitte der 60er Jahre des 16. Jahrhunderts war gegenüber
religiösen Abweichlern wie Castellio noch recht tolerant.45 Cherlers Gedichte
auf Castellio haben übrigens dazu beigetragen, dass sein Name auch im 18. Jahrhundert
noch nicht völlig vergessen war. Seit 1565 bildeten einige von ihnen einen
Bestandteil der Ausgaben von Castellios „Schulbuch" der Dialogi sacri und wurden
mit diesen noch im 18. Jahrhundert gedruckt,46

Unter den weiteren poetischen Epitaphien der LuctusSammlung Cherlers47 ist
wohl bemerkenswert das über Wibrandis Rosenblat(t), die nacheinander nach ihrer
jeweiligen Witwenschaft vier bedeutende protestantische Theologen, nämlich Ludwig
Cellarius-Keller, Wolfgang Capito, Johannes Oekolampadius und zuletzt Martin
Butzer geehelicht hatte.48 Cherler rühmt ihr in Anspielung auf ihren Namen in
einer Elegie nach, sie sei die schönste Rose im Gebiet des Elsass und der Schweiz
gewesen:

Tarn Rosa pulchrafuit, qua vix formosior ulla est,

Visa per Alsaticas Heluetiasque piagas.

Illam Castalij proceres constanter amarunt,

Pierin auricomam, floridulamque Rosam.49
(„Sie war als eine schöne Rose - keine ist wohl schöner als sie -/ im Gebiet des
Elsaß und der Schweiz zu sehen; die edelsten Musenjünger liebten sie beständig,
die Muse mit goldenem Blatt und die blühende Rose.")

Ihre Frömmigkeit (pietas) brachte ihr das Schicksal ein, von vier bedeutenden
Männern die Gattin sein zu können. Kaum einer von tausend Frauen werde ein
solches Los zu Teil. Auch andere Frauen wie Anna, die Gattin des berühmten
Druckers Johannes Oporinus, erhalten ehrende poetische Nachrufe, in ihrem Fall
als Zwiegespräch zwischen der Muse Thaleia und einem Wanderer. Sie wird mit
Penelope und Laodamia, zwei Heldinnen der Antike, in Folge ihrer virtus auf eine
Stufe gestellt. 50 Es geht freilich Cherler nicht nur darum, prominente Opfer der
Pestepidemie aus Stadt und Universität zu ehren, er würdigt auch Kinder und jun-

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