Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
79.2017, Heft 1.2017
Seite: 38
(PDF, 38 MB)
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mit aller Sorgfalt fütterte und pflegte. Meine Kameraden halfen redlich mit, Frösche
suchen, Fleisch-Abfälle herbeischaffen und so weiter. Er gedieh dann auch prächtig
und machte uns viel Freude. Siehe da, eines Tages steht er mit seinen rothen Beinen
auf dem Giebel des Pfarrhausdaches. „Du mußt ihn herunterholen" rief es in mir.
Flugs begebe ich mich auf den Speicher, steige zum Tagloch hinaus und klettere
mich an den Ziegeln haltend das Dach hinauf. Die Mutter, im jenseitigen Garten beschäftigt
, sieht den kühnen Dachsteiger, eilt wie auf Flügeln getragen zum Speicher
und ruft zum Dachloch sich weit hinausbeugend mit den sanftesten Tönen der bangenden
Mutterliebe: „Fritzle komm." Sie mag wohl noch andere Versprechungen
hinzugefügt haben oder hatte der Storch Reißaus genommen; kurz ich folge willig,
stieg auf die gleiche Weise wie hinauf so herab und kam glücklich in die Arme
meiner Mutter. Daß ich für meinen Übermuth exemplarisch bestraft wurde, will ich
nur andeuten. In ähnliche Gefahren kam ich öfters, in welchen allen mich aber mein
guter Engel behütete. So setzte mich eines Tages auf meine Bitte unsere Magd auf
das große Pferd eines Gastes, welches sie zum Brunnen führte. Abgerufen überließ
sie mir dasselbe auf einige Augenblicke. Als es genug getrunken hatte, trabte es mit
mir statt in den Stall zurück gegen den Gottesacker. Als daselbst sich befindende
junge Leute es halten wollten, machte es einen Seitensatz, warf mich ab und rannte
im Galopp davon. Bewußtlos werde ich auf das Canapee im Wohnzimmer gebracht,
wo ich bald, ohne Schaden gelitten zu haben, erwachte.

Zu den gewöhnlichen Kindervergnügungen kamen Schweineschlachtungen und
Hochzeiten, bei denen ich in der Regel nicht fehlen durfte und bei den letzteren auch
ein Tänzchen mit kleinen und größeren Mädchen machte. Dieselben gewährten mir
mehr Vergnügen, als wie ich jetzt einsehe, gut für mich war, womit ich jedoch meinen
theuren Eltern, die es mir gestatteten und die Freude, deren Schattenseite sie nicht
kannten, gerne gönnten, durchaus keinen Vorwurf machen, wohl aber - um später
richtig würdigen zu können - die Aufmerksamkeit darauf lenken will. Dahin gehören
auch die sogenannten „Uferten" (an Christi Auffahrtstagen). Da machte sich eine
Schaar ziemlich gleichaltriger Kinder (Knaben und Mädchen) zusammen und bildeten
einen Hochzeitszug. Bräutigam und Braut mit Blumen geschmückt, wie alle, nur
reicher, voraus. Der Zug bewegte sich durch das Dorf und empfing von der einen und
anderen Familie Geschenke: Eier, Fett, Brod und so weiter, welche nach dem Umzug
zu einem Hochzeitsschmaus bereitet und in ausgelassener Freude verzehrt wurde.
Dem Pfarrersöhnchen wurde stets die Ehre zu Theil, der Bräutigam zu sein.

Der Besuch der Schule, der ein ziemlich betagter und schwacher Mann4 vorstand,
welcher dem muthwilligen Söhnchen des Pfarrers kaum einigen Widerstand entgegensetze
, hatte wieder seine besonderen Freuden. Mit einem Schulkameraden wurde
auch etwas Malerei getrieben. Daß ich auf der Schneebahn mit Schlittenfahren,
auf dem Eis mit Schleifen und bei dem Fasnachtsfeuer mit dessen Vorbereitungen
nicht der Letzte war, ist nach dem Gesagten selbstverständlich.

Die vielen Besuche im elterlichen Haus brachten wieder andere Unterhaltungen,
indem ich öfters dabei etwas frei vor der Gesellschaft declamieren mußte und Beifall
erntete.

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