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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
79.2017, Heft 1.2017
Seite: 57
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Das gemeine Volk thörichter; ich predige über die Worte: „Herr, sollen wir mit dem
Schwert dreinschlagen?"21

Man meint schon in der Kriegszeit zu leben; die Kanonen rasseln durch den Ort;
ein Truppenteil drängt den andern.

In dem kam es am Gründonnerstag den 21. April früh 9 Uhr zu einem Zusammenstoß
zwischen den Hecker'schen Begleitern und den Regierungstruppen auf der
Scheideck22 bei Kandern, wobei Generalleutnant von Gagern, der den Aufständischen
nach Niederlegung der Waffen Amnestie anbot, als er sich zu seinen Truppen
zurück wandte durch 3 Schüsse durchschossen fiel und mehrere Andern das
Leben einbüßten. Meine Mappacher eilten Kandern zu und von einem Gottesdienst
(Beichte) konnte keine Rede mehr sein, wodurch auch die Charfreitagsfeier gestört
wurde.

Ostersamstag Nachmittag zogen die Truppen wieder abwärts nach Schliengen
und Umgegend, am Osterfest wieder aufwärts, so daß Mappach 2 Companien ins
Quartier bekam. Dem Pfarrhaus wurde Hauptmann von Adelsheim und Leutnant
Weber mit 2 Soldaten zugewiesen. Auf eine unsichere Nachricht hin, daß Freischaren
aus dem Elsaß über den Rhein in Anbruch seien, zog das Militär ab, aber statt
dem Rhein Lörrach zu, wie wenn sie den Freischaaren aus dem Weg oder diesen frei
machen wollten. Und in der That kamen diese bei Kleinkems über den Rhein und
drangen über Blansingen, Tannenkirch nach Kandern - um sich mit dem zurückgedrängten
Hecker zu vereinigen.

(Wir befinden uns durch Regierungserlaß im Kriegszustand).

Den Ostermontag konnte kein Gottesdienst gehalten werden. Das Pfarrhaus war
völlig geschloßen und wie ausgestorben; ich mußte aber doch, während Frau und
Kind in Wollbach bei einer Taufe waren und bange Erwartung alle Herzen erfüllte,
eine Hochzeitsrede und Copulation halten. Abends nahm ich die Meinen mitten
durch ziehendes Militär wieder in Empfang. -

Eine Aufzeichnung in meinem Tagebuch aus dieser Zeit mag hier eine Stelle
finden, weil sie auf die Ungerechtigkeit, mit der ich später behandelt wurde, ein
berichtigendes Licht wirft. Seit nach den Affairen von Freiburg und Dossenbach
-, die uns wieder Einquartierung brachten, ein Hauptmann Zimmermann und Luit-
nant Palm mit Bedienung, die Freischaren in die nahe Schweiz geflüchtet sind,
ist wieder Ruhe eingetreten. Nichtsdestoweniger liegt fast allerorten bedeutendes
Militär - meist Württemberger und soll zur Besetzung der Rheingrenze gegen die
Schweiz noch mehr herbeigezogen werden.

Es hat sich leider gezeigt, wie wenig unser characterloses Volk noch reif ist, als
ein tüchtiges Volk größere Freiheit zu genießen, am allerwenigsten reif zur Repu-
blick. Nicht Vaterlands-, nicht Freiheitsliebe entschied seine Handlungsweise, sondern
die Gewalt der Umstände und der Eigennutz. Daß dies jedoch nur von der größeren
Mehrzahl gilt, versteht sich von selbst. Wenige zeigten sich entschieden und
kräftig, sei's für die eine oder andere Seite; die Meisten waren bald so, bald anders
gesinnt (wenigstens so weit sie ihre Gesinnung kund werden ließen), je nachdem
die Lage der Dinge der einen oder der anderen Partei günstig waren. Die anfangs

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