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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
79.2017, Heft 1.2017
Seite: 61
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-2017-01/0063
Besondere reitende Boten von der Bürgercavallerie Lörrach brachten die schärfsten
Befehle, sich bereit zu machen und nach Müllheim, dem Sammelpunct, zu marschieren
. Es wurden überall Gemeindeversammlungen gehalten und beraten, was zu tun
sei. So auch in Mappach. Ich mahnte insofern ab, als ich diejenigen, die nicht mit der
Sache einverstanden seien, ermuthigte, nur der Gewalt nachzugeben. Meine Stimme
verhallte in der Aufregung und nach stürmischer Rede und Gegenrede wurde beschlossen
, dem Aufgebot Folge zu leisten, um sich nicht der Gefahren der Execution
auszusetzen; das Schreien und Wehklagen der Frauen und Kinder in Folge dessen,
läßt sich nicht schildern. Auch mein Gewehr wurde mehrmals gefordert, jedoch verweigert
. Dasselbe befand sich mit anderen Werthgegenständen in sicherem Versteck.

Am 23. September Mittwoch 11 Uhr erfolgte unter vielen heißen Thränen der
Abmarsch. Nachzügler passierten den ganzen und folgenden Tag. Daß dadurch fast
alle Arbeit gehindert war, ist leicht begreiflich. Man stand mit sorgenvollen Gesichtern
auf den Straßen meist in Gruppen; jeder Fremdling wurde ängstlich nach neuen
Nachrichten befragt und alles deutete zunächst auf günstigen Erfolg, wie sehr auch
die weiter Blickenden daran zweifelten. Man durfte nicht lange im Zweifel bleiben.
Der nun folgende (24.) Sonntagsgottesdienst fiel mir bei der weinenden Versammlung
außerordentlich schwer. Ich suchte zu trösten und zu ermuthigen, so gut ich
konnte. Abends ging schon das Gerücht eines gegen das badische Militär verlorenen
Treffens durch die Luft; was auch durch in der Sonntagnacht angekommene Flüchtlinge
des Orts bestätigt wurde. Was diese erzählen, ist ein Bild des planlosesten,
wahnsinnigsten Unternehmens, das man nur denken kann. Von Mappach wurden 6
Bürger gefangen, die ich mit einigen Frauen am 28. besuchen durfte in Freiburg, wo
sie im Kaufhaus bewacht wurden, jedoch die gute Behandlung rühmten.

Sie küssten mich alle in der Hoffnung, daß ich für ihre Befreiung eintreten werde,
was auch von mir gethan wurde. Da hatte ich fast Tag und Nacht keine Ruhe. Alles
drängte und wollte von mir geholfen haben auch der feindselige Bürgermeister, dessen
Sohn unter den Gefangenen war. Auch ihm stund ich willig zu Diensten. - Der
Erfolg meiner Bemühungen war denn auch die Freigebung der Gefangenen, die
indeß weiter in die Festung Rastatt gebracht worden waren. Da sie nicht in gehoffter
Zeit ankamen reiste ich selbst mit Höferlin nach Freiburg und Rastatt, von wo sie
jedoch schon abgereist waren. Wir reisten ihnen mit dem nächsten Zug nach und
trafen mit ihnen in Schliengen zusammen, von wo es eine fröhliche Heimfahrt gab.
Ich hoffte nun ein freundlicheres Benehmen Höf erlins gegen mich. Ich sollte mich,
wie das folgende zeigen wird, bitter täuschen. „Gott aber sei Dank, der das gute
Werk gelingen ließ." heißt es im Tagebuch.

Es kamen nun wieder friedlichere Tage, obgleich Soldaten genug vorhanden waren
, so daß auch wir mit Einquartierung beglückt wurden, öfters sah man sie auch
beim Gottesdienst und selbst bei dem Abendmahl. Bei alledem konnten wir wenn
auch mit gutem Vertrauen, doch nur mit Bangigkeit in die Zukunft blicken. Wir
ahnten, was da kommen werde.

So kam das Jahr 1849 mit seinen Gräueln. Leider zeigt mein Tagebuch hier eine
große Lücke, so daß ich Einzelnes nur noch aus der Erinnerung erwähnen kann.

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