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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
79.2017, Heft 1.2017
Seite: 62
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Centrairegierung und Parlament verlieren immer mehr an Ansehen und Gestalt.
Freisinnige Blätter unterwühlen die Treue des Volkes bis endlich im Mai die 2te Revolution
in Offenburg ausbricht31, an der leider das Militär, seines Eides vergessend,
theilnimmt. Der Großherzog, der auf das Militär sich nicht mehr verlassen kann,
verläßt mit den Seinen das Land; eine provisorische Regierung wird eingesetzt und
eine constituierende Landesversammlung berufen. Von allen Seiten ströhmt verkommenes
Gesindel herbei, um etwas zu erhaschen und abschreckende Gestalten,
die an den Straßen liegen und sich füttern lassen! Weh dem Volk, wo solche Leute
ihr Unwesen treiben können. Efringen war der Sammelplatz als Endpunct der Eisenbahn
und da kam ich oft hin zu Pfarrer Lenz. Dahin kamen telegraphische Nachrichten
. Während dieser Zeit unterließen manche Geistliche die Fürbitte für den
Großherzog im Sonntagsgebet32; ich ließ mich dazu nicht herbei, da mir alles ungesetzliche
Wesen fremd blieb. Nichts desto weniger wurde ich von meinen Gegnern,
deren es nur wenige und darunter Verführte waren, als Revolutionär angeklagt, und
die Behörden gingen, als sie sich wieder ein wenig sicher fühlten, nur zu willig auf
solche Anschuldigungen ein, wenn sie auch durch nichts begründet waren. - Die
anarchistische Herrlichkeit hatte bekanntlich bald ein Ende - durch die preußische
Armee unter Leitung von Prinz Wilhelm33, den viele damals verwünschten, wurde
die gesetzl. Ordnung wieder hergestellt.

Mit den Revolutionären machte man kurzen Prozeß34. Da auch ich als solcher
angeklagt war35, wurde ich vorläufig kurzweg von meinem Amte suspendiert36 und
meine Nachbarn zur Versehung der Pfarrei beauftragt. Die Untersuchung nahm nun
ihren schleppenden Gang. Fünf Wochen hatte ich unfreiwillige Muse, während welcher
ich Rottecks Weltgeschichte37 studierte und auch den Meinen in Freiburg einen
Besuch machte.

Unterdessen hatten sich auch die Preußen bei uns eingestellt, von denen ich - gegenüber
meinen Gegnern - mit der zartesten Rücksicht behandelt wurde, besonders
von dem bei mir freiwillig einquartierten Unterofficier, der die Freundlichkeit selber
war. Die Anschuldigungen meiner Gegner erwiesen sich als unbegründet, und ich
wurde wieder in mein Amt eingesetzt38. Bei dem ersten Gottesdienst, den ich darauf
hielt, war die Kirche vollbesetzt, die Predigt aber, die ich über den vorgeschriebenen
Text hielt: „Alle, die gottselig leben wollen, müssen Verfolgung leiden"39 von
meinen Gegnern aufs neue angeklagt. Sie ruhten aber nicht, bis sie mich fort hatten
und es gelang ihnen, ohngeachtet sie keine Schuld auf mich bringen konnten, durch
die Schwäche des Oberkirchenrats und weil ich nur Pfarrverwalter war, nur zu gut.

Bei der am 7. October 1849 stattgehabten Kirchenvisitation durch Pfarrer Rinck
von Grenzach, die völlig zu meinen Gunsten verlief, erschienen aber der genannte
Höferlin von Mappach und Bürgermeister Lang40 von Wintersweiler und forderten
meine Entfernung. Ersterer brachte die alten Beschuldigungen vor, die, wie ihn auch
der Visitator aufmerksam machte, alle bereits widerlegt waren. Lang bemerkte: „Er
sei ein Mann des Friedens, und müsse für den Frieden in der Gemeinde sorgen".
Auf die Frage an ihn, ob ich denn bisher Unfrieden in der Gemeinde gestiftet habe,
mußte er mit „Nein" antworten, setzte jedoch hinzu: „er müsse für die Zukunft sorgen
". Das zog bei ängstlicher Behörde41.

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