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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
79.2017, Heft 1.2017
Seite: 90
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werden, sofern ihm nicht wieder die Hauptarbeit zufiele. Von Güthlin sei er
schlicht entnervt.

Am Tag darauf erschien Güthlin, um nach Vorhalten der Missstände in seinem
Amt als Bürgermeister zurückzutreten. So wurde unversehens der Erste Beigeordnete
Karl Fünf Schilling der Amtsnachfolger Güthlins. Er bat Landrat Peter, er
möge dem Gemeinderat und den Gemeindebediensteten diesen Wechsel an seiner
Stelle eröffnen.15 Der Landrat rückte am Abend des 14. Januar 1942, flankiert von
Regierungsoberinspektor Rottermann und Regierungsassistent Obrecht, an. Immerhin
galt es, alle anwesenden Beigeordneten, Gemeinderäte und Bedienstete auf
ein gemeinsames Auffangen einer äußerst peinlichen Situation einzuschwören.16

Auch nach seiner offiziellen Entlassung am 22. Januar 1942 zog sich Güthlin
nicht kommunalpolitisch zurück, sondern wiegelte NSDAP-Kreisleiter Hugo Grüner
gegen seinen Nachfolger Fünf Schilling dergestalt auf, dass Grüner danach
strebte, die kommissarische Führung der Amtsgeschäfte dem Haltinger Bürgermeister
Oldenbourghuis zu übertragen.17

Güthlin sah sich in der Pflicht, als NSDAP-„Stützpunktleiter", der er tatsächlich
seit 1931 war, für Ruhe und Ordnung in Otlingen zu sorgen.

Es ging um die Zuckerverteilung für Haustrunk, also für Wein, den Winzer für
den Eigenbedarf kelterten. Wie sich herausstellte, hatten Bürger auf Zuckerzuteilung
gedrängt, die keinen Wein erzeugten, etwa eine Lehrersgattin, die Bedürftigkeit
geltend gemacht hatte mit der Begründung, ihr Mann täte als Soldat Dienst.
Tatsächlich war er als Lehrer ins Elsass versetzt worden. Fünf Schilling, so Grüners
Vorwurf, habe den Ortsfrieden gefährdet. Die Unsinnigkeit dieses Vorwurfs war
dergestalt offenkundig, dass er für Fünfschilling folgenlos blieb.18

Zielscheibe intensiver Nachstellungen war der in Otlingen unterrichtende
Hauptlehrer Friedrich Kuhn, den Güthlin als Volksverräter ausgemacht hatte. Seine
Beweisführung beruhte nicht auf der Tatsache, dass Kuhn weder Mitglied der
NSDAP noch einer ihrer Untergliederungen war, sondern auf einer Banalität:
„Dieser Vorwurf dem Lehrer Kuhn gegenüber, dass er ein Volks Verräter sei, begründe
ich damit, dass zu mir als Zellenleiter von Otlingen schon Leute gekommen
sind die sagten, dass Kuhn schon an ihnen vorbeigelaufen sei ohne dass er sie
gegrüßt habe, obwohl sie Kuhn gegrüßt hätten. Hinzu kommt, dass Kuhn an diesem
Tage, wo wir zusammenstießen mich auch nicht gegrüßt hat. Wenn Kuhn dies
getan hätte, hätte ich es unbedingt sehen müssen und der andere Lehrer Eble stand
in keiner Weise im Wege. Diese Personen, die sich schon wegen des Grußes an
mich wandten, kann ich heute nicht mehr nennen, weil sie es mir damals gesprächsweise
, wie auf dem Land üblich, mitteilten."19 Damaligen Zeitgenossen
war klar, dass es um die Weigerung Kuhns ging, den Hitlergruß zu erwidern.

Güthlin machte diese Aussage auf dem Gendarmerieposten Haltingen, nachdem
ihn Kuhn angezeigt hatte. Denn vorgefallen war Folgendes:

Güthlin war am 16. April 1942 unter dem Zuruf „VolksVerräter" mit erhobener
Reitpeitsche auf Friedrich Kuhn eingestürmt, während dieser sich in einer Pause
mit einem Kollegen, dem damaligen Obergefreiten Eugen Eble, vor dem Schulge-

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