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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
79.2017, Heft 1.2017
Seite: 115
(PDF, 38 MB)
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eine besondere Schinderei, denn manchmal geschah dies sogar mit aufgesetzten
Gasmasken, so dass man kaum Luft bekam. Gewehre erhielten wir nur ein Mal,
und das war am 20. Juli 1944 nach dem Attentat auf Hitler. Dabei befahl man uns,
in Hechingen alle wichtigen Plätze zu besetzen, weil man ja einen politischen Umsturz
befürchtete.

Am 12. September erfuhren wir, dass wir an einen anderen Ort verlegt würden,
den man aber aus Geheimnisgründen nicht bekannt gab. Tags darauf wurden wir in
einen Güterzug verladen, an den man unterwegs noch einige Wagen mit anderen
Kameraden anhängte.

Bei Balingen hatten wir dann die erste Berührung mit dem wirklichen Krieg,
denn dort warfen am helllichten Tag feindliche Flugzeuge ihre Bomben auf ein
uns nicht sichtbares Ziel ab.

Nach mehreren Aufenthalten gelangten wir schließlich ins Elsass. Dies freute
uns nicht besonders, denn am 6. Juni waren ja englische und amerikanische Truppen
in der Normandie gelandet, und auch von Süden her rückten amerikanische
Panzer das Rhonetal hinauf.

Bei Rufach flogen plötzlich vier britische Jagdbomber auf uns zu und beschossen
uns mit Maschinengewehrfeuer. In großer Panik sprang ich wie die meisten
aus dem anhaltenden Zug und warf mich auf den Bahndamm. Da boten wir aber
eine gute Zielscheibe für die Flugzeuge, die mehrmals ganz tief über uns hinwegflogen
und dabei ihre Magazine leerten. Plötzlich verspürte ich einen heftigen
Schlag im Rücken, so dass ich glaubte, getroffen worden zu sein. Doch die Salve
hatte neben mir in den Damm eingeschlagen, wobei ein abgesplitterter Stein auf
mein Kreuz gefallen war. Nun rannte ich mit anderen zusammen über die angrenzende
Wiese, um in einem dortigen Wäldchen Schutz zu suchen. Dies gelang dann
den meisten auch, obwohl uns die Jagdbomber weiterhin beschossen. Als sie
schließlich abdrehten, hatten wir 28 Tote und zahlreiche Verletzte zu beklagen.
Darunter war auch der beliebte Obervormann Kälble, der mit einem bei der Lokomotive
stationierten 2-cm-Flakgeschütz auf die Flugzeuge schoss, bis er von einer
Kugel getroffen wurde. Unter den Getöteten befand sich auch Hans Höcklin von
Lörrach, der mit allen anderen auf dem Ruf acher Friedhof begraben wurde. Später
hat man ihn dann nach Lörrach umgebettet.

Nach diesem schlimmen Erlebnis fuhren wir weiter bis zu einem Ort namens
Fesches-le-Chätel in der Burgundischen Pforte zwischen Montbeliard und Delle.
Hier sollte nämlich ein breiter und langer Panzergraben ausgehoben werden, um
die in Südfrankreich gelandeten amerikanischen Truppen an einem weiteren Vordringen
Richtung Rhein zu hindern. Bei dieser Schinderei wurden auch zwangsverpflichtete
Franzosen eingesetzt, die etwa 100 Meter von uns entfernt arbeiteten.

In der Gegend gab es auch schon Widerstandskämpfer, die fast jede Nacht Flugblätter
auf unseren Arbeitsplatz legten. Darin wurden wir aufgefordert, nicht länger
diesem Verbrecher Hitler zu gehorchen und zu flüchten. Solchen Aufrufen kam
natürlich keiner von uns nach, denn wir glaubten immer noch, das Vaterland verteidigen
zu müssen.

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