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nur an den Bischofskirchen, sondern auch bei den Mönchen beachtliche
Büchersammlungen zu finden (i). Als dann Trier Residenzstadt
wurde und die christliche Gemeinde sich gleichzeitig durchsetzte, ist
ein Wachstum an profanen und christlichen Bücherschätzen selbstverständlich
. Konstantin hat z. B. als Lehrer für seinen Sohn Caesar Crispus
den Laktantius aus Nikomedien nach Trier berufen, der den Ehrennamen
eines « christlichen Cicero » trägt.
Dazu kam noch der arianische Streit, der den Bischof Athanasius
von Alexandrien nach Trier, den Trierer Bischof Paulinus nach Phrygien
in die Verbannung führte. Sicher ist, dass diese Verhältnisse auch den
Austausch der reichen Kampfliteratur bedingten, und somit ist es kein
Zufall, dass zu den über die Normannenzeit hinüber geretteten Stücken
aus St. Eucharius die libri viii de trinitate S. Athanasii gehören. Bekanntlich
gab das andere Werk des grossen Kirchenlehrers, die Vita S. An-
tonii, die frühestens 365 geschrieben wurde, schon 18 Jahre später in
Trier den Anlass zu jenem Ereignis, das die Bekehrung des hl. Augustinus
bewirkte.
Aus dieser Zeit stammt auch das Gesetz Kaiser Gratians vom 23. Mai
376, das den Lehrern an der Schule zu Trier ein bedeutend höheres Gehalt
zusicherte als denen an den übrigen Schulen Galliens. Die Berechtigung
zu einer solchen Bevorzugung mag man in dem guten Ruf der Schule
finden, der um 370 den Hieronymus und seinen Freund Bonosus aus
Italien nach Trier zog, wo er u. a. die Werke des hl. Hilarius, de syno-
dis und den Psalmenkommentar abschrieb (2). Es kann kein Zweifel
bestehen, dass, wie die bildenden Künste damals in Trier eine Nachblüte
ehemaliger römischer Grösse erlebten, so auch die Wissenschaften in
weitem Masse gepflegt wurden. Und wie die hauptsächlichsten Bauwerke
die Frankenstürme überstanden, so sind auch die grundlegenden Elemente
geistigen Lebens von den Germanen übernommen worden.
In Trier entwickeln sich die Verhältnisse in einer bemerkenswerten
Parallele zu Rom. Die Uebersiedlung des kaiserlichen Hofes nach Byzanz
hat den Bischof von Rom zum Hüter und Haupt nicht nur der stadtrömischen
, sondern der italienischen Bevölkerung gemacht. Ebenso musste
der Bischof von Trier durch die Verlegung des Hofes und der Präfektur
nach Südgallien Führer und Hort der Einwohnerschaft werden. Die Bischöfe
dieser Zeit sind nun « nach wie vor vornehme Romanen», denen
1) A. Ehrhard; Die frühen Bibliothekeft in Palästina, in Römische Quartalschrift
f. christl. Altertumskunde & Kirchengeschichte, 5 (1891), S. 217 ff.
2) Ep. V. ad Flor., ML 22, 337.
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