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Dagegen stellt sich das Schweizer Kloster reicher an patristischen
Werken dar. Jedoch ist der Unterschied nicht so gross, wie es auf den
ersten Blick erscheinen möchte.Der Katalog von St. Gallen ist, wie der
älteste Katalog von St. Maximin, ein Verfasserverzeichnis : die Werke
des Schriftstellers stehen alle zusammen. Dagegen sind bei der
systematischen Anordnung unseres Kataloges z. B. die Werke des hl.
Augustinus auf die Gruppen A B C D E F K verteilt. Augustinus war
zu allen Zeiten der bevorzugteste Lehrer in St. Matthias. Marx hatte
das schon aus den Resten, die in die Seminarbibliothek gekommen sind,
geschlossen (i). Der Katalog beweist es, beweist aber auch die Tatsache
, dass man ihn häufig benutzte und anstelle der schwer leserlichen
Hss. früherer Jahrhunderte neue Abschriften anfertigte. So sind
z. B. die Confessiones aus dem 9. Jh. und De civitate Dei aus dem 11.
Jh. zusammengebunden mit anderen Werken des 9. Jhs., die als T 144
bezw. T 137 erhalten sind, nicht im vorliegenden Katalog enthalten,
obwohl sie sicherlich zur Bibliothek gehörten. Auch das Studium der
scholastischen Theologie erlebte in St. Matthias eine sorgsame Pflege.
Bei weitem reicher aber ist die folgende Gruppe, welche die moralia
und ascetica umschliesst. Beide Abteilungen heben sich so hervor, dass
Martene und Durand bei ihrem Besuche die anderen Schätze kaum
sahen (2). Im ersten Kapitel sind die Gründe für diese Erscheinung
näher dargelegt worden (3). Es dürfte genügen auf drei Dinge hinzuweisen
, die beim Studium dieses Katalogsabschnittes sich aufdrängen :
einmal die Bedeutung, die der hl. Bernhard immer noch für die asketische
Durchbüdung der Mönche besass, sodann die mannigfaltigen Anregungen
, die von den beiden deutschen Konzilien und ihrem grossen
Geiste Johannes Gerson ausgingen, endlich die Einflüsse des Kartäuserordens
und der Brüder vom gemeinsamen Leben. Gerade diese asketische
Abteüung des Katalogs beweist, dass jede bedeutende Strömung
im religiösen Leben der Zeit in St. Matthias ihren Niederschlag gefunden
hat.
Die folgende Abteüung G, jus civüe, umfasst allerdings nur 2 Handschriften
. Dass jedoch noch im 15. Jh. eine stärkere Beschäftigung mit
dieser Disciplin eintrat, ergibt sich aus der Beobachtung, dass von den
59 Drucken zum mindesten 31 Inkunabeln sind.
1) a. a. O. S. 2.
2) S. oben S. 33.
3) S. oben S. 23.
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