http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/naeher1888/0021
— 15 —
Alta ripa war nach der Notitia dignitatum der Sitz eines Militärpräfeeten. Das beim niedrigsten
Wasserstand, 1879, im alten Eheinbett zu Tage getretene Mauerstück zeigte römische Bauart, namentlich
beweist das dabei verwendete von den Andernacher Steinbrüchen bezogene Material, dass diese
Bauanlage von den Römern herrührt.
Wir schliessen hier noch eine Zusammenstellung der verschiedenen Itinerarien an. Das älteste
Itinerar ist die Tabula Theodosiana, jetzt allgemein unter dem Namen die Peuttinger'sche Tafel bekannt,
In derselben ist die Strasse Strassburg—Mainz mit folgenden Stationen bezeichnet: Argentoratum
Brocomagus 7, Saletio 18, Tabemae (ad Bhenum) 11, Noviomagus 12, Borbetomagus 13, Bonconica
(Oppenheim) 11 und bis Magonciaco (Mainz) 8 Leugen. Ein ähnliches späteres Marschverzeichniss ist das
Itinerar des Antonin. In ihm kommen zwei Strassen durch die Pfalz vor; die eine von Strassburg
nach Mainz, die andere von Strassburg nach Bingen. Die erstere wird zweimal erwähnt, und zwar
von Mainz nach Strassburg: Magonica nach Borbetomagus 18, Noviomagus 18, Argentoratum 18 Lg.,
sodann umgekehrt: Argentoratum nach Saletio 7, Tabemae 13, Noviomagus 11, Borbetomagus 14, Bonconica
13, Magonciacum 11 Lg. Nach der P. T. ist die Gesammtentfernung 80, nach dem It. 54 und 69 Lg.
Die Strasse von Bingen nach Mainz enthält: von Argentoratum nach Brocomagus 20, Concordia
18, Noviomagus 20, Bingium 25, zusammen 83 Lg. Diese Marschlinie würde der Bergstrasse nahe
kommen, wenn nicht Noviomagus dabei erschiene. Die Notitia dignitatum, eine Art von Militäradressbuch
des römischen Reiches aus der letzten Zeit der Römerherrschaft am Rhein (400), enthält
nur noch die Angabe der Militärpräfecturen in Saletio, Tabemae, Vicus Julius, Nemetis, Alta ripa und
Vinigiones; woraus jedenfalls geschlossen werden dürfte, dass die Rheinvertheidigungslinie in dieser
Zeit zunächst des Rheinhochgestades war. Die Itinerarien selbst zeigen bezüglich der Angabe der
Distanzen und der Stationen so grosse Verschiedenheiten und Widersprüche, dass solche kaum aufgeklärt
werden dürften, wenn man nicht grobe Irrthümer in der Aufzeichnung voraussetzt.
ANHANG.
Die römischen Handelswege im Bereich der elsässischen Rheinthalebene.
Die grosse kulturhistorische Bedeutung, welche die linksseitige Rheinthalebene in den frühesten
Zeiten gegenüber der linksseitigen hatte, ist bestätigt durch die grosse Anzahl von Hügelgräbern
(tumuli) aus der keltisch-gallischen Zeit und ebenso durch die vielen auf die Römerzeit zurückgehenden
Funde von Baudenkmälern und Gebäudesubstructionen. Leider sind dieselben hier nicht in einer
befriedigenden Weise ausgebeutet, aufgeklärt und gesammelt worden. Das vortreffliche Werk von
Kraus gibt hierüber noch den besten Aufschluss und durch dasselbe war es mir möglich, ein Bild über
die Ansiedlungsverhältnisse der Römerzeit zu gewinnen. Die wichtigste, schon auf die vorrömische Zeit
zurückgehende Wegverbindung war die den Vorbergen der Vogesen und des Hartgebirges folgende
sogen. Bergstrasse.
Sie bildet eigentlich die Fortsetzung der in Petenisca an der Heerstrasse Nr. 2 gelegenen
Militärstation, welche wir oben bis nach der Station Larga besprochen haben. Von da zog sich dieser
Weg, bei Dammerkirch, das Seitenthal der III überschreitend, auf das hügelige Land von Ammerzweiler
nach Schweighausen. Hier sind wir an dem grossen Delta, welches die Vogesenflüsse Doller und
Thür bei ihrem Eintreten in die Rheinebene bildeten und finden über dasselbe bis in die Gegend von
Wittolsheim die Spuren eines etwa 1—1 V» m oben 2 m breiten Dammkörpers, der in schnurgerader
Linie das Delta überschreitet. Diese Anlage wird auf eine römische Wegverbindung zurückgeführt
und ist auch in allen französischen Karten als ancienne voie romaine eingeführt. Von der Eisenbahn
an, bei Sennheim, bis an die Strasse Sennheim—Wittolsheim ist diese Aufdämmung noch am besten
erhalten. Mir machte diese ganze Anlage den Eindruck, als habe es sich hier mehr um eine Abdämmung
der Hochwasserüberfluthungen der Thür gehandelt. Der Dammkörper ist für eine Strassen-
anlage jener Zeit zu hoch, wo man die Wege ohne grosse Erdbewegungen herstellte, und der Name
ancienne voie romaine dürfte in der neueren Zeit entstanden sein, wo die Gelehrten jede verödete Anlage
dieser Art auf römischen Ursprung zurückzuführen suchten. Von der ältesten Wegverbindung über
das Delta, an der ich nicht zweifle, ist wohl keine Spur mehr vorhanden. Ein Theil dieses Delta 1 km.
südlich von Sennheim heisst das Ochsenfeld, wo mir Abbe Stoll die Spuren einer grossen etwa 200 m
langen 140 m breiten Umwallung zeigte, die er auf ein von Caesar errichtetes verschanztes
Lager zurückführt. In diese Gegend wird auch das Schlachtfeld zwischen Caesar und Ariovist gelegt.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/naeher1888/0021