http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/naeher1888/0032
- 26 —
Vindonissa bis zum limes. Nach der P. T. sind von Vindonissa an folgende Stationen verzeichnet:
Tenedo 8, Julius Magus 11, Brigobanne 13, Arae Flaviae 14, Samulocenne 22 L., Grinario 22, Clarenna
12, Ad Lunatn 22 M. (am limes^ etc. Von Rottenburg an rechnet Paulus die Distanzen der Strasse,
als dem rätischen Gebiet angehörig, nach Milien.
ANHANG.
Die Handelswege in den Zehntlanden.
Wir haben gesehen, dass die einzigen in den Itenararien bestätigten römischen Heerstrassen in
den Zehntlanden die von Vindonissa nach den limes bei der Station Ad Lirnam einmündend und die
von der Station Aquileia (bei Aalen) nach Pomonone (Lauingen an der Donau) waren. Es kann sich
also hier nur noch um Handelswege handeln, deren Zug wir kurz andeuten werden. Was die rechtsseitige
Eheinebene von Basel abwärts bis zum Main anbelangt, so war dieselbe ihrer jetzigen topographischen
Gestaltung gemäss ein Chaos von Sümpfen und Eilanden, und da sie ihrer ganzen Länge
nach von dem zur Römerzeit undurchdringlichen Schwarzwald und Odenwald flankirt ist, so hatte
dieselbe für die Römer keinen militärischen Werth. Der einzige leichtere Übergang dieses Gcbirgs-
walles war im Bereich des zwischen dem Schwarzwald (Ettlingen) und dem Odenwald (Wisloch)
liegenden Hügellandes. Die breiten Giessen, gespeist von den Binnenflüssen des Schwarzwaldes,
Avelche damals noch keinen directen Abfluss in den Mittelrhein hatten, bildeten längs der Vorberge
des Schwarzwaldes ein grosses Hinderniss gegen das Vordringen eines von Osten kommenden Feindes.
Wir dürfen daher auf der badischen und hessischen Rheinseite keine Strassen von irgend einer militärischen
Bedeutung suchen. Die einzige Rheinvertheidigungslinie lag auf dem Hochufer der gallischen Seite
und diese war die Heerstrasse von Augusta Raur. nach Moguntiacum (Mainz), welche die Römer
auch behaupteten, als das Zehntland schon lange im Besitz der Alemannen war. Ebenso bestätigen
die wenigen römischen Niederlassungen in der rechtsseitigen Rheinthalebene den geringen Werth,
welchen dieselbe für die römische Colonisation hatte. Von Basel abwärts finden wir hier von Bedeutung
nur das Bad (aquae) von Badenweiler, die gallische Niederlassung Tarodunum (Zarten) im
Dreisamthal und die Töpferkolonie in Riegel. Von da bis Offenburg (hier Wegsäule), ja selbst bis
Baden (Aquae Aureliae) auf eine Strecke von ca. 20 Stunden sind keine römischen Niederlassungen
bestätigt. Von Baden abwärts finden wir bis Heidelberg nur die Spuren von Villen längs der Vorberge
, so von drei bei Ettlingen, von je einer bei Stettfeld, bei Waldorf und bei Wisloch. Auch das
seltene Vorkommen von Hügelgräbern, gegenüber dem Elsass beweist, dass die rechtsseitige Rheinthalebene
von Kelten wenig bewohnt war. Zu was sollen hier die in der Neuzeit irriger Weise auf
römischen Ursprung zurückgeführten Strassen in einer Gegend gedient haben, wo keine Niederlassungen
zur Römerzeit nachgewiesen werden können? Wir werden daher nur kurz solche Wegverbindungen
erwähnen, die ausser Zweifel schon zur Römerzeit den Verkehr vermittelt haben, und mit wenig
Ausnahmen aus keltischen Saumpfaden entstanden sein dürften.
Die Kaiserstadt Augusta Raurac, die alte Hauptstadt der Rauracei <tanu im lebhaften Verkehr
mit der badischen Rheinseite. Hier sind bei Grenzach, Wyhlen und Wambach, an letzterem Ort beim
Eisenbahnbau (1856) Substructionen von römischen Gebäuden nachgewiesen worden. Die dem Süden
zugekehrte erhöht liegende und fruchtbare Thalfläche wurde von den reichen Bewohnern der Kaiserstadt
gerne zur Anlage von Villen benützt. Den Verkehr über den Rhein vermittelte wohl vom
Castell bei Äugst aus eine stehende Jochbrücke, und jenseits war dieselbe durch einen Brückenkopf
gesichert, dessen Spuren schon vor 40 Jahren nachgewiesen sind. Das Volk spricht häufig von
einer untergegangenen Stadt, welche zwischen Warmbach und Herthen gestanden haben soll. Hier
wären Nachgrabungen gewiss von Erfolg begleitet. Zwei Wegverbindungen müssen von diesem
Brückenkopf oder der genannten Vorstadt abgegangen sein und zwar :
1. Nach dem Badeort 'Aquae) von Badenweiler über Grenzach, Haltingen (Galgenbuckj,
nach Ebringen, von wo der Römerweg den Höhenrücken östlich von Rheinweiler bis Schlierigen
einhält. Eine andere Verbindung dürfte von Herthen aus direct über den Dinkelsberg nach dem
Wiesenthal bei Lörrach bestanden haben. Die Höhe von Tüllingen mit der grossen Umsicht auf
die obere Rheinthaiebene und den Sundgau war den Römern gewiss bekannt. Ob an solchen Orten
speculae gestanden und wie diese römische Wartthürme beschaffen waren, ist am Oberrhein nicht mehr nachweisbar
; soviel aber ist gewiss, dass alle unsere jetzigen Wartthürme und Bergfriede der mittelalterlichen
Zeit angehören.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/naeher1888/0032