Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., TF 2015/12-1
Nuhn, Anton
Chirurgisch-anatomische Tafeln (1. Abtheilung): Abbildungen der chirurgischen Anatomie des Kopfes und des Halses enthaltend
Mannheim, [1846]
Seite: III
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/nuhn1846-1/0005
VORREDE.

Es ist anerkannt und jeder Chirurg empfindet es auch täglich bei der Ausübung seiner Kunst, dass die Anatomie bei der fast allein physiologischen Richtung,
welche sie namentlich in unsern Tagen hat, — so fruchtbringend diese sonst für die Physiologie und durch diese für die Pathologie ist, — doch den Anforderungen
der Chirurgie zu wenig Rechnung trägt, ja viele ganz unberücksichtigt lässt. Denn gewöhnlich strebt man hauptsächlich nur mit denjenigen Bauverhältnissen des
menschlichen Körpers bekannt zu werden, welche zur Aufklärung der Thätigkeit der Organe verhelfen und sucht die verschiedenen Körpertheile auch besonders in
der Verbindung aufzufassen, in der sie functionell zusammenstehen, — man bemüht sich aber weniger oder häufig gar nicht, diejenigen Bauverhältnisse zu erforschen
, die zur Aufklärung localer chirurgischer Krankheitszustände führen, sowie man es auch gewöhnlich vernachlässigt, die verschiedenen Körpertheile in der Lage
kennen zu lernen, in der sie sich dem Chirurgen bei Operationen an dieser oder jener Körperstelle oder bei Verletzungen darbieten. Eine derartige Anschauung der
Bauverhältnisse des Körpers kann aber auch nur durch spezielle Untersuchungen der einzelnen Körpergegenden CAnatomia regionum s. topographicii) erlangt werden
. Durch diese wird man auch erst auf die Besonderheiten geführt, die einem Gebilde in seiner Anordnung und in seinem Bau an dieser oder jener Körper-
steile eigenthümlich sind.

Es ist zu bewundern oder vielmehr zu bedauern, dass in Teutschland das chirurgisch-anatomische, namentlich aber das topographisch-anatomische Studium
bis jetzt so wenig Pflege fand. Es steht sicherlich aber auch hiermit in Zusammenhang, dass unter der grossen Zahl unserer Aerzte eine Verhältnissmässig nur sehr
kleine Anzahl tüchtiger Chirurgen und Operateure sich findet.

Die Bearbeitung der chirurgischen Seite der Anatomie ist daher, insbesondere in Teutschland, grosses Bedürfniss, welchem so viel als möglich entgegen zu
kommen, ich mir schon durch die Herausgabe eines „Handbuches der chirurgischen Anatomie" zur Aufgabe machte und auch vorzüglich der Zweck dieser chirurgisch
-anatomischen Tafeln ist.

Diese Tafeln liefern nämlich naturgetreue Anschauungen der Bauverhältnisse der Körpergegenden in natürlicher Grösse, Darstellungen, wie wir bis jetzt noch
keine besitzen, so wie auch, wo es die Gelegenheit bot und der Raum es gestattete — kurze Andeutungen verschiedener Operationen, insbesondere solcher, welche
einer anatomischen Erläuterung der Operationsstelle am meisten bedürfen. — Ueber alle Operationen auch hier bildliche Darstellungen zu geben, liegt ausser dem Plane
dieses Werkes, das der Hauptsache nach ein anatomisches seyn soll; es würde auch die Zahl der Tafeln ansehnlich vermehrt und dadurch das Werk selbst bedeutend
vertheuert haben, wodurch meine Absicht, diese Tafeln auch dem unbemittelten Wundärzte zugänglich zu machen, unerreichbar geworden wäre. Denn es ist
ohnehin eine schwierige Aufgabe, zwei gewöhnlich einander sich ausschliessende Eigenschaften, nämlich Brauchbarkeit und Wohlfeilheit, an einem derartigen Wrerke
zu vereinigen. Ob und in wie weit mir aber die Lösung dieser Aufgabe gelungen ist, überlasse ich dem Ur theile Anderer.

Bei der • Entwerfung dieser Tafeln durch den Zeichner, bemühte ich mich insbesondere, dass alle Theile naturgetreu in ihrer wahren Lage gezeichnet wurden
so dass der Chirurg versichert seyn kann, jeden Theil genau in der Lage, in welcher ihn die Abbildung zeigt, auch im Körper zu finden. Es war dieser Grad von
Genauigkeit bei Abbildungen, die den Operateur über den Bau jeder Körperstelle, an der er operiren will, unterrichten sollen, um so nothwendiger, als von der
Richtigkeit des Bildes, das sich derselbe über die Lageverhäitnisse der Theile der Operationsstelle geschaffen hat, häufig der günstige Erfolg der Operation, ja bisweilen
noch mehr, das Leben des Kranken selbst, abhängig ist.

Bei der Eintheilung der Gegenden und der Aufsteilung der Gränzen derselben ging ich vorzüglich von dem Grundsatz aus, wo irgend möglich, natürliche Grän-
zen, wie sie durch Knochenhervorragungen, vorstehende Muskelbänder, ständige Hautfurchen u. dgl. geboten werden, zu benützen, oder, wo solche mangeln, die
dann zu ziehenden wirklichen Gränzen doch wo möglich von solchen Stellen ausgehen zu lassen, die unter allen Verhältnissen äusserlich leicht erkennbar oder fühlbar
sind. Es erschien mir dies um so nothwendiger, als ich die Ueberzeugung habe, dass die Untersuchung des Baues der verschiedenen Gegenden nur dann erst
eine fruchtbringende Anwendung finden kann, wenn ihre Gränzen genau bestimmt sind.

Gerne benutze ich hier die Gelegenheit, um dem, im anatomischen Zeichnen schon längst rühmlichst bekannten Künstler, dem Herrn Franz Wagner in
Freiburg i. Br. für die Sorgfalt, Mühe und Ausdauer bei der so schwierigen Ausfertigung der hier gegebenen Abbildungen, hier öffentlich zu danken.

Schliesslich füge ich noch den Wunsch bei, dieses Werk möge seinen Zweck auch möglichst vollkommen erfüllen, d. h. dem Chirurgen und Operateure bei
der Ausübung seiner so schwierigen Kunst stets die nölhige Beleuchtung der Bauverhältnisse der verschiedenen Körperstellen gewähren: denn dies wäre mir der
süsseste Lohn für die viele Mühe und Opfer, welche ich dem Wrerke so gerne darbrachte.

HEIDELBERG, im October 1846.

A. Nuhn.


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