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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
32. Heft.1952
Seite: 62
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Dann klopfte der eifrige Pfarrer von Vimbuch, P. Plazidus Künstle,
und klagte lang über die „vielen Ungeding und Mißbrauch, die in
seinem Kirchspiel grassieren" — und er erzählte von den Hochzeitstänzen
, von Frauen, die nimmer nüchtern von den Taufschmausereien
nach Hause gingen, von Hausierern, die mit ihren Säcken die Dörfer
frequentierten, von Juden, deren sonntägliche Versteigerungen
zu Lumpereien ausarteten; zuletzt erzählte er von den zu langen
Prozessionen, „die viel Unkosten und Unthätigkeit verursachten". —
Der gute Abt, der sonnige Sohn der Bergstraße, lächelte und tröstete
den Pfarrer. Dr. Anselm Gaugier hat in dieser Stunde die Vimbucher
in sein Herz geschlossen, so daß er später die letzten 18 Jahre seines
Lebens ganz bei ihnen blieb und als einziger Abt sich auch auf
ihrem Kirchhof schlafen legte295).

Ein andermal las der Abt glücklich vor seinem Konvent die schönen
Worte aus dem Visitationsprotokoll über das alte Michelskirchlein
vor, von seinem sehr schönen Chor, seinen drei Altären, seinen zwei
Glocken im Turm — und schon hatte der Abt seinen Plan; er ver-
anlaßte, daß die Leute schon ihrer lieben Toten wegen oft in das
Kirchlein kommen mögen; er ging selber mit dem guten Beispiel
voran, und bald war „am Abend viel Volk im Rosenkranz"296).

Einmal ging der Abt wie so oft persönlich hinaus nach Greffern,
beging mit den Männern die Felder und beurkundete 1763 ein Be-
lochungsprotokoll über die Gemarkungsgrenzen im Zain. Dann ging
er mit den Männern ins Fischerdorf hinein und setzte sich zu ihnen
in der niederen, holzgetäfelten Stube zum „Anker" und setzte ihnen
eine Bittschrift auf ans Reichskammergericht um Aufhebung der
Fünfheimburger Waldgenossenschaft und um Aufteilung des Waldes
; und als er ihnen erzählte, wie die Lichtenauer und Scherzheimer
protestierten, da zogen die Männer die Augenbrauen hoch und
lächelten297). ■—

Im Jahre 1764 beunruhigte eine Blatternepidemie im Elsaß die
Leute; man stand solchen Infektionskrankheiten fast hilflos noch
gegenüber, und tatsächlich war eine große Gefahr die Angst. Um
seine guten, schlichten Leute zu beruhigen, sprach der Abt zu ihnen
anläßlich einer Glockenweihe zu Hildmannsfeld, und alle Klosterdörfer
waren da. Kurz darauf ließ er zum Bruderschaftsfest einen
bedeutenden, erfahrenen Prediger aus Baden-Baden kommen, und
darnach betete der Abt selber mit den Leuten; wieder waren alle

') Vimbudier Pfarregistratur 1761.

') Bischöfliches Visitationsprotokoll vom 30. April 1761.
') Grefferner Gemeindearchivalien.

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