Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
32. Heft.1952
Seite: 73
(PDF, 59 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1952/0073
des Volkes nicht und verhielt sich gegenüber dem heißen Verlangen
nach einer Besserung gleichgültig oder ablehnend. Da zerfiel der gemeine
Mann mit der Kirche, wenn er ihr auch äußerlich treu blieb.
Nur so ist die rasche Auflösung der alten kirchlichen Ordnung mit
dem Auftreten Martin Luthers zu begreifen.

Dazu trat, daß die wirtschaftliche Lage der Landgeistlichkeit vielfach
nur ein kärgliches Auskommen gewährte, da der Zehnten
seinem ursprünglichen Zwecke vielerorts entzogen war. Denn die
edeln Häupter der Stifter und Klöster waren über einer standesgemäßen
Lebensführung meist schlechte Haushalter geblieben (Abt
Johannes an Markgraf Philipp). Bereits 1413 erhielt die verarmte
Abtei Schwarzach durch päpstliche Bulle Johannes' XXIII. wegen
vieler Schulden und daher verpfändeter Güter die ewige Einverleibung
ihrer Pfarreien Vimbuch und Scherzheim zugesprochen; die
Versehung derselben sollte das Gotteshaus einem Ordensmann oder
Weltgeistlichen gegen gebührenden Unterhalt übertragen. Seitdem
ließ der Abt den großen Fruchtzehnten zu Scherzheim jährlich versteigern
. Der Leutpriester ward angewiesen, sich mit dem neuaufgekommenen
kleinen Zehnten von andern Gewächsen und dem
Schmal- oder Blutzehnten von Haustieren im Kirchspiel zu begnügen,
daneben durch allerlei Gebühren für kirchliche Handlungen bei
Taufe, Trauung, Beerdigung (Seelgeräte) und dergleichen sich schadlos
zu halten4). Das Landvolk sah sich derart doppelt belastet und
faßte, da die gebotenen Leistungen in keinem Verhältnis zu den
Einkünften aus Zehnten und Abgaben zu stehen schienen, einen unbändigen
Haß auf „Münche und Pfaffen". Ferner wanderten von dem
umfangreichen klösterlichen Grundbesitz stattliche Mengen an Gültfrüchten
und als Bodenzins vieler Hofstätten Geld, Kappen, öl,
Wachs usw. jahraus, jahrein nach Schwarzach, alles Dinge, den
nüchtern überlegenden Bauer dem Gotteshaus nicht geneigter zu
stimmen.

Zu den trostlosen Mißständen auf kirchlichem Gebiete gesellte
sich die soziale Not der in drückender Abhängigkeit schmachtenden
Bauernschaft. Aber noch kümmerten sich die breiten Massen nicht
viel um die Austragung des Wittenberger Mönchsgezänkes. Erst als

*) G.-L.-A., Berain 7852, Kloster Schwarzach 1460: ..Itern die großen zehen zu schertzheim, mucken-
schopf und ulmen werden jors verlühen. Item der smale zehenden zu schertzheim und muckenschopl mit
dem heuezehenden hat der litprister zu schertzheim uf dise zit zu sinem corpus. Item der smale zehenden
zu ulmen mit dem heuezehenden gehorent die zwei teil eim litpriester von schertzheim zu und das.
drytte teil eim meiger gon ulmen in den großen hof ibidem. Item xxiiij fl das kirchherren lehen zu
schertzheim, hat der litpriester ibidem". Zur Bewirtschaftung des Gutes und Versorgung des Viehstandes
war der Leutpriester genötigt, Knecht und Magd auf dem Pfarrhof zu halten.

73


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1952/0073