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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
32. Heft.1952
Seite: 90
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ten, eingelocht worden, und diese Überlieferung war den Nachfahren
heilig — ein Charakteristikum für deren kultischen Inhalt!

Ich wandte mich den Archiven zu: Die Pfarrei Neusatz ist relativ
jung, ihre Errichtung datiert aus dem Jahre 1783. In den Akten fand
sich nichts, doch meinte der Geistliche, daß sich aus der späten
Christianisierung des Hochtales das heimliche Fortleben des Götterkultes
einerseits und der Abgeschiedenheit des Schönbrunn anderseits
wohl erklären ließe. Das Archiv der Mutterkirche Ottersweier
hatte unter den vielen Kriegen der verflossenen Jahrhunderte stark
gelitten, so wandte ich mich an das bischöflich-straßburgische Archiv,
denn die Pfarrei Ottersweier hatte unter den windeckischen Herren
zum Bistum Straßburg gehört. Mit erfreulicher Zuvorkommenheit
ging der Archivar auf mein Anliegen ein. Den Aufzeichnungen entnahm
ich, daß mehrere Pfarrherren von Ottersweier über „Zutragungen
" berichtet hatten, nach denen der Götterkult im Schönbrunnen
geübt werde, doch in offenbarem Rückgang begriffen sei.
Einer der Leutpriester hatte geschrieben: ,,Es ist ein anderes, wenn
ich Christus und seine Heiligen in die Herzen der Kleinen trage,
so noch nichts oder doch nur Geringes von dem Wesen der Götter
ihrer Vorfahren in sich aufgenommen haben, als wenn ich bei Vätern
und Urmüttern Christi Lehre auf Wotans Andenken pflanze: Erst in
dem Maße, wie sie zu christlichem Kulturgut sich bildet, versinkt
Wotan; da wäre mit Gewalt nichts zu richten, mit geduldiger Anpassung
jedoch wird endlicher Erfolg sein." Der Oberhirte hatte
hierauf aus seelsorgerischen Erwägungen heraus empfohlen, die Zutragungen
zu ignorieren, insbesondere nach dem Orte des Kultes
nicht zu fragen. Etwa zweieinhalb Jahrhunderte später erbrachte
ein Auditeur den Beweis für den meiner Intuition entsprungenen,
für mich grundlegenden Schluß: Eine dem Archivar verwandte Straßburger
Familie bewahrte als Privatbrief das Ergebnis einer militärgerichtlichen
Untersuchung aus dem Jahre 1797. Die Liebenswürdigkeit
der Familie und meines Beraters erlaubt mir, Ihnen die Kopie
des Schreibens bekanntzugeben; es lautet in Übersetzung:

Mein lieber Onkel!

Ich kann Dir heute einen, wie ich hoffe, nicht ganz wertlosen Beitrag
zu Deinen Untersuchungen über Reste germanischen Opferkultus
und germanischer Volksmedizin liefern, er geht parallel mit
Deinen bisherigen Feststellungen:

Vom Standortkommando war unterm 26. Juni des vorigen Jahres

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