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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
33. Heft.1953
Seite: 157
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vg. olina = Gewässer, Fluß; verbunden mit dem Oleon ist der Wiblin-
graben und die Wibschlibünd. Sehr eigenartig ist die Sage dieses
Waldstückes: ,,es schnitt ein Mann im Walde Weiden; da blutete
das Holz, weil dort Tote begraben sind3111)." So vermischte sich auch
hier Begräbnis- und Kultstätte.

Ein drittes Beispiel hat einen besonders reichen Klang. Bei Zell
berühren sich folgende Gewannamen: Under, Au, helje Matten,
Wimmergraben, Spirgelsen. Under vg. ondo = Wasser, hier eine
der vielen Spuren des Ostrheines; am Ufer des Under lag die Aue,
überall die Heimat der Toten, und die helje Matten wie oben bei
Vimbuch die Heiligmatt; mit dem Under verbunden war einst der
Wimmergraben, ein Seitenarm vom Seebach, wim vg. = Quelle,
Bächlein; das Spirgelsen ist zusammengesetzt aus spira vg. = Hang
am Bach, gelsen = gellen, wiederhallen. Der ganze Wiesengrund
heißt auch das Zeller Muhr und ist mit seinen weißen, wilden Narzissen
die Heimat einer der schönsten mittelbadischen Sagen: „in
Vollmondnächten verlassen drei Seeweiblein den Mummelsee und
schwimmen im Seebach herunter bis ins Muhr; hier sitzen sie am
Ufer, flechten ihre Zöpfe und singen in die Nacht320)." Auch durch
ihr Lied klingt deutlich vernehmbar der Urmythos.

Aus dieser Welt uralter Geheimnisse führt eine eigenartige Brücke
zum Folgenden. Die Brücke ist ein nicht zu übersehender Satz in
den „Dicta Pirminii": „wir wenden uns gegen die heiligsten Empfindungen
und teuersten Erinnerungen dieser Leute nicht mit Gewalt
oder Gescheite, sondern mit Belehrungen und durch entsprechende
christliche Verrichtungen121)." Auf dieser Brücke kam manches aus
dem Uralten hinein in jene „wundersamen, fernherklingenden Legenden
, die so intim aus dem Kultleben des Mittelalters leuchten".
Das vielfache Ineinanderfließen von Altem und Neuem gerade im
Schwarzacher Territorium hat wohl großenteils seinen Grund darin,
weil die Abtei ein Pirminskloster war, das in ehrfürchtiger Tradition
die Anschauungen des großen Abtbischofes bewahrte.

An der Peripherie des elsässischen Teiles unseres Territoriums
treffen wir an mehreren Stellen die drei geheimnisvollen Heiligennamen
Einbet, Wilbet und Borbet; bet ist bitu vg. das Ewige. — Ein-
bet oder Ambet gehört sowohl in den vorgerm. Wortkreis von an-u
= Göttermutter wie von ana = Erde, zusammengefaßt in den mythischen
Vorstellungskreis von der göttlichen Mutter Erde. Wilbet entstammt
dem altenglischen Wortkreis wheel = runde Töpferscheibe

m) bis ■*•) Dr. J. Küntzig, Mittelbadische Sagen.
Sauer, Badische Neujahrsblätter. 1911.

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