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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
33. Heft.1953
Seite: 162
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Volksseele, die ebenbürtig neben Volkslied und Märchen stehen".
Künßberg sieht in ihnen „die wertvollsten Quellen der Rechts-,
Wirtschafts-, Sprach- und Kulturgeschichte, die aus tausend Zeugnissen
der ländlichen Vergangenheit zu uns herüberströmen wie ein
verlorener Laut aus der Urzeit unseres Volkes". Kollnig endlich
schreibt: „die Bauern wiesen in ihrem Spruch, nicht was der einen
oder anderen Herrschaft genehm war und in ihre politische Pläne
paßte, sondern wie es das Herkommen lehrte und die alte Übung
verbürgte; sie sprachen das gültige Recht aus, und Herren und
Bauern waren daran gebunden."

Das Hubergericht, bei dem die Weistümer ausgesprochen wurden,
fand auf der altgewohnten Dingstätte innerhalb des Dinghofes statt;
ursprünglich war diese kreisförmig angelegt; durch die Dingbehegung
wurde rings um sie ein Zauberkreis gezogen, die Stätte geweiht und
ihr Friede verkündet334). Es fand auch unter mächtigen Bäumen statt;
als Gerichtsbäume werden im Schwarzacher Territorium genannt
„die Siebenesch" bei Ulm, „der Crowelsbaum" bei Scherzheim, „die
alte Linde" in Greffern und „unter der Tanne" zu Stollhofen.
Weisungen waren auch auf Brücken, wie an der „Vimbucher Pfurt"
über den Sandbach, auf „der Keßlerbruck" bei den Schwarzacher
Kesselweiern der Hanfrötze, auf „der Plaulbruck" bei Veitern, auf
der vielgenannten „Schwarzwasserbruck" bei Ulm und auf der
mächtigen „Stadtbruck" vor Stollhofen. Von manchen Weistümern
heißt es auch: „si wurden bi der louben an dere burgerstuben gesprochen
." Besonders entscheidungsvolle Weisungen wurden auf
Kreuzwegen oder Friedhöfen „wegen ihrer kultisch-magischen
Bannkraft" gesprochen.

Zur Dingstätte gehörte der Dingstein, auf den die Huber ihre Zinsen
legten, von dem aus die Ladungen zum Gericht ergingen, auf
den der Meier bei der Amtseinführung seinen Diensteid ablegte und
von dem aus die Urteilssprüche verkündet wurden; an der „sul sol
man die phende vertun, d. h. die Pfänder aufhängen; der Meier saß
„uff sinem stul"; auch die Schöffen nahmen auf Stühlen Platz, die
so stehen sollen, „daß ein schöffel gegen dem andern das haubt wol
mag geneigen". Nachdem auch das Rechtsgebaren christlich geworden
war, wurde das „Ding" von der Kanzel oder vom Altare aus
verkündet, am Gerichtstag eine „Dingmeß" gelesen, darnach die
„Heiltümer" zur Dingstätte getragen und der Anfang des Gerichts
angezeigt, „indem der Kirchwart mit der Glocken drei starke Zeichen

bis 31S) K. R. Kollnig, Elsässisohe Weistümer, Untersuchungen über bäuerliche Volksüberlieferung
am Oberrhein.

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