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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
33. Heft.1953
Seite: 163
(PDF, 57 MB)
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gab". Jetzt wurden die angesehensten Männer aus der Schar der
Bauern und Huber zu „schöffeln oder richtern" gewählt und verpflichtet
, ,,daz reht zue wisen unt das urthel zue thun". Es wurde
ihnen der Fall vorgelegt und bei den Eiden, die sie dem Gotteshaus
geschworen, gefragt, ,,waz sins rehtes were". Erst nach eingehender
Beratung gaben die Männer die Antwort — das Weistumwar
g e w o r d e n335).

Die Sprache der Weistümer war volkstümlich, anschaulich, bilderreich
, plastisch und voll dramatischer Bewegtheit. So wurde Ding
und Dingstätte mit wenigen Strichen also gezeichnet: „die huobern
gan zue ding unt ring, unt man wiset zue howe unt betzirk zue man
und bann, zuck und flock, fund und pfrund, von dem himmel in dene
grund." Die aufrechten, scharfäugigen bäuerlichen Richtergestalten
stehen sofort vertrauenheischend vor uns bei den Worten: „wer
wiset, derf nit von fuorchen noch gewalt noch von keim betrugnus
her seint, sonderen von eim sichern, gewissen, wolbedachten muots."
Das Weistum war immer die Frucht der sorgfältigsten Beratung:
„erst nahedem die huobern mit zitlich unt guot rat by dene ehesten
irer mithuobern sich derselbigen rehten, friheten und gewoneten erlernet
, erfaren unt erkundet hatten, erkenneten und sprochen si daz
reht." Das Ulmer Weistum zeichnet den Kreis der bäuerlichen Gerichtsversammlung
zu Ende: „es wurd gewisen verlehenslüten, eigen-
lüten unt allen, die wellent nisen waldt unt weid unt wazzer, die do
geherent in dene fürgemelt hof nach des gotzhus reht." Den Termin
spricht das Vimbucher Weistum aus: „unt werden die rehte all jors
uff dursdag nehste nach sant Adolfidag in dem hof des closters zue
vimpuch gewisen unt ist so herkomen." Einige Fälle, die aus dem
täglichen Volksleben „gewisen" wurden, veranschaulichen dasselbe
mit plastischer Kraft3315). „Wenn der huober buwen wil sin blozen
huobhowe, so sol man ime gen vünf holzer, daz ist ein üwertur, eine
swelle, ein firstbalch unt zwo sulen." Das Brot für die Fronarbeiter
soll so groß sein, daß, wenn man es „uff de rist des fußen setzet,
man obwentig des knuves derabbe isset". Zum Ulmer Huberzins gehörten
auch 32 Dachsparren, wovon jeder in der Länge 9 Fuß messen
und so dick sein solle, „daz ein akesoere (Axtöhr) nit in möge
komen". Im Stollhofner Weistum heißt es: „Wenn ein vloze uß der
mittelbech heruß varet unt wenne es kumt ine swartzwazzer, so het
ein vlozer des reht, ime bann zue howen stelzen unt steizen." Nach
dem gleichen Weistum „derf nimen ine des gotzhus twinge unt
banne mit üwerzogen garn vischen noch üwergonde vache stellen
one des apts wisse unt wille". Ein klösterliches Weistum spricht be-

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