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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
33. Heft.1953
Seite: 201
(PDF, 57 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1953/0201
Angaben, nach denen die Entstehung geschichtlich klar und einwandfrei nachgewiesen
werden konnte. Somit fehlen alle Anhaltspunkte für eine zuverlässige
Erklärung, sowohl nach dem. Orte wie auch nach der Zeit und den näheren
Umständen, unter denen das Wort „Es geht aus wie das Hornberger Schießen"
entstanden ist. Allgemein nimmt man an, daß sich die Redensart auf unser Schwarzwaldstädtchen
Hornberg bezieht und daß andere Orte oder Burgen und Schlösser,
die denselben Namen führen, damit nicht in Verbindung stehen.

über das „Hornberger Schießen" gibt es verschiedene Lesearten, aber die gleiche
Quintessenz, den gleichen Sinn haben alle, nämlich den, eine Sache, ein Unternehmen
wird mit viel versprechenden Erwartungen vorbereitet und eingeleitet,
großartig begonnen und nimmt ein recht bescheidenes, ja klägliches Ende, so wie
man auch sagt: „Viel Geschrei und wenig Wolle" oder „Berge gebären, und es
kommt eine lächerliche Maus zur Welt" (Parturiunt montes, nascetur ridiculus mus).

1. Leseart

Nach einer alten Chronik von Karl Braun (Fr. Kurier)

Auf Johannis 1667 hielt man in Hornberg ein großes Schießen. Der beste Schütze
sollte, wie landesüblich, Schützenkönig werden, wenn auch nur für ein Jahr. Es
hatten sich zahlreiche Bewerber eingefunden. Die gütige Vorsehung hatte in den
beiden vorangegangenen Jahren der Menschheit eine Wohltat erwiesen, indem
nicht nur guter, sondern auch viel Wein gewachsen war, also daß man auf
Johannis 1667 davon einen irdenen Krug voll, so fünf Liter hielt, für wenige
Kreuzer erwerben konnte und sich daran weidlich zu erlustigen vermochte. Nachdem
man von dieser Fakultät reichlichen Gebrauch gemacht, begann nach Schluß
des Nachmittagsgottesdienstes, während dessen die Mehrzahl der Schützen sich
eines gesunden Kirchenschlafs erfreute, das Hornberger Schießen.

Seltsamerweise traf auch nicht ein einziger der Schützen die Scheibe. Der
Chronikschreiber meint, daß dabei ohne Zweifel „etzliche Zauberei" im Spiele gewesen
. Der Wirt freilich, der ein arger Ketzer ist und an Zauberei nicht glaubt,
meint, sie hätten zuviel Markgräfler getrunken. Mag dem auch sein wie es wolle,
selten kommt ein Unglück allein. Als man nämlich vier Stunden geschossen hatte,
ging das Zündkraut zu Ende. Das Pulver war alle geworden, und der Bürgermeister
bemerkte, infolge dieses bedauerlichen Umstandes sei anjetzo das Schießen unmöglich
. Die Mitglieder des Gemeinderats stimmten ihm, wie gewöhnlich, zu, bis
auf einen, der ein zucht- und meisterloser verwegener Kerl und mit demokratischer
Frechheit bemerkte: „Ja, wo bekommen wir denn unsern Schützenkönig her,
oder sollen wir das nächste Jahr ohne König verbringen?" Das fiel nun dem
regierenden Bürgermeister und seinen Getreuen schwer auf die Seele. Sie traten
zu einer geheimen Beratung zusammen. Sie dauerte lange; aber „was lange währt,
wird endlich gut".

Der hochmögende wohlregierende Bürgermeister verkündete endlich das Ergebnis
. „Einen König", so sagte er, „müssen wir haben; sintemal und alldieweil
aber alle vorgeschossen, solange noch Zündkraut vorhanden, sodann aber das
Zündkraut zu Ende gegangen und sonach nunmehr niemand mehr imstande, die
Scheib zu treffen, so haben wir, Bürgermeister und Rat, beschlossen und verordnet,
wie folgt: Unser Scheibenzeiger wird annoch beauftragt, zu messen, wie nah und
wie weit ein jeglicher von den Schützen an der Scheibe vorbeigeschossen; derjenige
aber, so zunächst daran war, wenngleich ohne sie zu treffen, der sei unser
König!" Der alte Schulmeister, der sogar etwas Griechisch verstand, murmelte in
dieser Sprache einen homerischen Spruch, der soviel bedeutete: „Der soll König
sein und Herrscher!" Die andern aber schrien: „Vivat der Bürgermeister! Hoch
der weise Rat! So soll es sein!" Und alles wäre in Ordnung gewesen, wenn nicht

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