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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
33. Heft.1953
Seite: 207
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1953/0207
Ein Teilnehmerbericht aus den beiden ersten
Koalitionskriegen in der Ortenau

Einen Teilnehmerbericht aus den Koalitionskriegen, der in den Jahren 1796 bis
1799 auch die Ortenau berührt, enthalten die Tagebuchaufzeichnungen eines Rheinländers
, des Freiherrn von Negri, die Karl Freiherr von Eichendorff im
„Eichendorff'-Kalender 1924 veröffentlichte. Mehr als wegen neuer militärischer
Aufschlüsse sind die Erlebnisse freilich durch ihr kulturhistorisches Kolorit von
Interesse. Da der junge Baron seine Konnexionen in allen Farben spielen läßt
und späterhin auch mit militärischen Missionen bis zu den höchsten Heerführern
— interessante Begegnisse mit dem Erzherzog Karl wie mit dem französischen
Obergeneral Moreau nicht ausgeschlossen — betraut war, ist seine Erzählung geeignet
, uns einen unmittelbaren Einblick in das Zeitmilieu zu verstatten. Es tritt
uns der Ubergangscharakter einer Zeitperiode entgegen, deren Gesellschaftsstruktur
zwar von mancherlei Schäden angesteckt war, die sich aber immer noch
als im statischen Ordnungsgefüge des Heiligen Reiches ruhend empfand und die
im Glauben zu diesem Reich und seiner Führung — „Soldatenvater" nennt auch
der junge rheinländische Offizier seinen Heerführer, den Erzherzog Karl — kaum
noch wankend geworden war. In sich einander ablösenden Bildchen spiegelt sich
ein Lebensstil, von dem wir Heutigen uns immer mehr entfernen. Und glauben
wir heute hinter dem Geschilderten auch schon den auflösenden Tauwind einer
neuen Lebens- und Gesellschaftsauffassung zu spüren, so war dieser den Zeitgenossen
damals aber kaum schon vernehmbar oder gar recht bewußt geworden.
Es mag sein, daß bei unserm Feldzugteilnehmer das rheinische Naturell mitspricht,
gewiß auch, daß die Zucht im preußischen Heere straffer war; hier jedenfalls
hatte sich tändelnder leichter Lebenssinn einem Traditionalismus verbunden, dem
das Standesethos deswegen keineswegs abhanden gekommen war. Neben allzu
niedlichen Idyllen fehlen nicht Proben reifen und heldischen Ernstes. Aus dem
Grunde alles Erlebten aber hebt sich das leidende, immer wieder einmal durch
das Kriegsgeschehen auch schon geschrammte und geschundene wechselvolle
Antlitz der süddeutschen Landschaft mit ihrer mannigfaltig-reichen Kultur, dem
so gerne übersehenen Aktivposten des deutschen Fürstenpartikularismus, der freilich
die Kriegführung vielfach hemmte. Für die Art dieser Kriegführung ist das
oft erörterte Zustandekommen der französischen Rheinübergänge — deren einen
im April 1797 bei Diersheim von Negri selbst miterlitten hat ■— bezeichnend.
Derlei possierliche Unterlassungen mit ähnlich verhängnisvollen Folgen können
aber auch nicht auf Rechnung des deutschen Partikularismus allein gesetzt werden
. Sie sind in der Kriegführung zu allen Zeiten und unter allen Führungsformen
schon vorgekommen, und aus eigener Erfahrung wissen wir heute, daß sie auch
einem so zentralistischen Regime wie dem zuletztvergangenen, nur in andern
Weisen und Ausmaßen, unterlaufen sind.

Damit kamen wir aber bereits auf die militärische Seite des Berichts zu sprechen,
und tatsächlich mögen, ungeachtet des voranstehenden kulturgeschichtlichen Belangs
, doch auch die Kriegsereignisse als solche, soweit sie sich in unserm Heimatgau
abspielten — es ist dies zwar nur zum kleineren Teile der Fall — von hinreichendem
regionalen Interesse sein, um hier vermerkt zu werden; da und dort
mögen sie auch eine Vergleichung mit bereits Bekanntem lohnen.

Theodor Wilhelm Raimund Joseph von Negri war als Dreiundzwanzigjähriger
im Oktober 1794 bei dem k. und k. Ersten Linien-Infanterieregiment, damals in
Düsseldorf garnisoniert, als Fähnrich eingetreten und hatte mit seinem Eintritt beschlossen
, „alles dasjenige", was ihm „in k. k. Diensten begegnen würde, ... auf-

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