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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
34. Heft.1954
Seite: 65
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Deckel darauf gelegt, da mußten alle Herren und Vorsteher, die da waren, ein
jeder mit einem Hammer darauf schlagen; da dies geschehen ward, wurde es fest
versiegelt. Es war auch ein feierlicher Tag dazu bestimmt worden1).

Im Jahre 1811, da gab es ein sehr fruchtbares Jahr. Es gab sehr viel und guten
Wein. Alle anderen Früchte sind ebenso gut geraten.

Aber 1812 kamen sehr viel Russen. Diese brachten eine Seuche unter die
Menschen, so daß sehr viele in dieser Gegend gestorben sind, und die Leuthe,
die damals gestorben sind, wurden still begraben, da niemand mit zur Leiche
durfte; denn man befürchtete, auch angesteckt zu werden von dieser bösen
Seuche2). Endlich kamen diese Menschen von uns weg und kamen ins Frankreich
hinein.

1813 zogen die Russen wieder aus Frankreich in ihr Land zurück, und Frankreich
mußte von dieser Zeit, so wie alle deutschen Monarchen und Fürsten, dem
Kaiser von Rußland untherthänig sein.

1814 und 1815 rückten Friedensjahre ein, wo alles sich des Lebens freute. Und
doch ging es nicht gut. Denn durch diesen 25jährigen Krieg wurde alles sehr
verschuldet, so daß viele Bürger in Gant und große Armut gekommen sind.
Pflanzen und Gewächse waren ziemlich geraten, daß an nichts Mangel war, was
zur Erhaltung nöthig war.

Das Jahr 1816 ist ein wichtig und sehr merkwürdig Jahr, das lange zu gedenken
, werth ist. Das Jahr war sehr schlecht. Aller Art von Gewächsen waren
mißraten, da gab es solchen Mangel und Noth, daß manche Leuthe, ja ganze Ortschaften
sich nicht mehr gedenkten, das nächste Jahr zu erreichen. Arme Leuthe
wußten sich nicht mehr durchzubringen. Zu verdienen gab es nichts, und das Brot
war sehr theuer, denn das Viertel Weizen galt zu Ende des Jahres 26 Gulden (fl).
Aber das war noch nicht theuer genug.

Der Anfang nächstfolgenden Jahres 1817: Die Frucht wurde immer theuerer,
bis zum Frühjahr und gegen die Ernte wars aufs höchste gestiegen. Im Juli 1817
galt das Viertel Weizen 50 fl, auch 55 fl, Korn 48 fl, Gerste 38 fl, Hafer 20 fl.
Die Ernte kam auch vier Wochen später als sonst. Da war es ein solcher Jammer,
Theuerung und Hunger, die Menschen konnten die vor den Augen blühende Ernte
kaum erwarten, wo so viele darnach schmachteten. Diese Ernte wurde auch erreicht
, die Frucht kam nach und nach herunter. Bis zum September galt das
Viertel Korn 20 fl, der Weizen 25 fl, die Gerste 18—19 fl, Hafer 13 fl. — Am
31. Oktober 1817 wurde das denkwürdige und gedächtnisvolle Reformationsfest
gefeiert.

1818 und 1819 waren sehr fruchtbare Jahre, wo die Früchte einen niedrigen
Preis bekamen.

1820 und 1821 ebenso, aber 1822 war in unserem Lande wieder sehr mangelhaft.
Im Frühjahr waren die Früchte schön, aber einsmals kamen so viele Mäuse, daß
sie nicht zu zählen waren. Diese Mäuse fraßen nun 2-teil der Ernte hinweg. Ein
großes Glück war es, daß die Ernte sehr früh gekommen ist, denn man hat den
24. Juni schon neues Brot gebacken. Man hat auch allerlei Künste erfunden, dieses
Ungeziefer zu vertilgen. Aber das half alles nichts, bis sie der Winter gehen hieß
oder sie enden ließ. Die Früchte waren aber deswegen nicht in einen hohen Wert
gekommen, denn es war sehr wenig Geld unter den Leuthen. — In diesem Jahr
wurde auch das hiesige Pfarrhaus erbaut.

1823. Ein überaus fruchtbares Jahr, wo das Viertel Weizen 5—6 fl galt.

1824. Ein fruchtbares Jahr, aber auch ein unglückliches Jahr, immer Regenwetter
, daher auch immer naß. Zu Ende des Jahres schwollen alle Flüsse sehr
hoch, daß kein Damm mehr halten konnte, alle Ströme und Flüsse waren aus-

*) Am 27. Juni 1810 wurde der Grundstein zur neuen Kirche gelegt.
!) Die Pest.

5 Die Ortenou

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