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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
37. Heft.1957
Seite: 36
(PDF, 59 MB)
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Wie unsere Altvordern sich kleideten*)

Bearbeitet von Fritz K ob e r

Gleichwie die Anschauungen über die Ausdrucksformen der Baukunst, des Kunsthandwerks
und der freien Künste wechseln, ist auch die Kunstform der Kleidung,
das Kostüm, der Wandlung unterworfen; mit dem Unterschied jedoch, daß die
Mode auf die sie beeinflussenden Erscheinungen der Zeit empfindlicher und demnach
rascher reagiert. Sie folgt dabei im Gegensatz zur Bildung der Baustile eigenen
Gesetzen, die sich in ihren Auswirkungen vielfach im Zickzack, selbst im Extremen
bewegen. Muß trotzdem die Mode als Teil des jeweiligen Zeitgeschmackes anerkannt
werden, so trifft dies nur insolange zu, als bestimmte Gesellschaftskreise
wie Königshöfe oder — im Gegensatz zu diesen — das Bürgertum ihren Wechsel
verursachten und das Handwerk lediglich ausführendes Organ war. Seit jedoch
die Industrie begonnen hat, sich der Herstellung der qualitativen Kleidung —
insbesondere der Frauenwelt — zu bemächtigen, ist nicht nur die Abstimmung
der Herrenkleidung auf das Kleid der Damen in Abgang gekommen, sondern die
Industrie bestimmt vielmehr auch den Wechsel der Mode aus rein finanziellen
Gründen, was sich u. a. in Vereinheitlichung der Frauenkleidung insofern auswirkt
, als die schlichte Bürgerin der Form nach dasselbe Kleid trägt wie die
Dame von Stand, nur aus entsprechend minderem, wenn nicht gar minderwertigem
Material: eine Bankerotterklärung des guten Geschmackes!

Hatte sich der Minnesang, mit ihm die Art der ihm huldigenden Kreise, sich
zu kleiden, aus einem Kulturkreise südfranzösischen Ritteradels nach Deutschland
verbreitet und sich durch die Stilperioden der Romanik — Sie verzeihen den
Ihnen ungewohnten Ausdruck — und der Hochgotik behauptet, so wies eine um
1400 vom burgundischen Hofe ausgehende Modebewegung dem Gewände die
Aufgabe zu, den menschlichen Körper durch Betonung seiner natürlichen Formen
wie Einschnürung der Taille, Entblößung der Büste bei der Frau, Verengerung
der Hüftlinie des Mannes, Hervorhebung seiner Beinformen durch die Strumpfhose
augenfällig zu machen; beiden Geschlechtern gemeinsam ist auch das Aufkommen
ganz neuer Kopfbedeckungen und des Schnabelschuhes. Die Schleppe des
Frauengewandes nimmt recht erhebliche Dimensionen an.

Das Charakteristikum ist üppige Verwendung kostbarster, überaus farbenfreudiger
Stoffe und schwersten Schmuckes. Sie fand rasch Nachahmung in ganz
Europa und griff in solchem Ausmaß auf das wohlhäbige Bürgertum der deutschen
Städte über, daß die Obrigkeiten den Luxus durch besondere „Kleiderordnungen
" einzudämmen suchten.

•) Siehe „Ortenau", 31., 32., 34., 36. Heft.

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