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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
37. Heft.1957
Seite: 39
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zur Verfügung.) Als Gegengewicht zur Krinoline wurde die Frisur turmartig
überhöht, und der Haarkünstler mag im Interesse der Stabilität beim Zimmermann
sich Rats geholt haben. Gegenüber solch majestätischer — insbesondere aber
physischer — „Unnahbarkeit" der Dame wirkte der relativ schlicht gewordene
Kavalier trotz Dreispitz und Galanteriedegen direkt unbedeutend!

Nach der Französischen Revolution von 1789 besann sich Deutschland auch in
der Mode wieder auf sich selbst: die „W erthertracht" beschränkte sich auf
den einfachen blauen Tuchrock mit gelber Weste, Stulpenstiefel und runden Hut.

Mit dem Beginn des XIX. Jahrhunderts huldigte man, nachdem die Vornehmen
sich eine Zeitlang nach englischem Vorbild gekleidet hatten, in Paris antikisierenden
Richtungen der Mode. Das Empire ist aber schon der Ausklang. Es
verzichtet auf die Schleppe, um den Rock fußfrei gestalten zu können. Dem
Glänze des napoleonischen Hofes folgte die deutsche Mode nicht, man verlangte
endlich eine spezifisch deutsche Kleidung mit dem Charakter einer dem Wechsel
der Mode nicht mehr unterworfenen Nationaltracht. Sie kam zustande, wies aber
so wesentlich fremde Entlehnungen auf — es sei nur an die französische Langhose
erinnert —, daß sie nur als Versuch gewertet werden darf, der bald wieder einem
neuen Extrem in der Herrenmode wich: über die französische Hose fiel ein Rock
bis auf die Knie mit vorn waagrecht ausgeschnittenen Schößen, darüber wurde
als Wetterschutz ein aus der englischen Grafschaft Ulster übernommener faltiger
Mantel mit vier und mehr über die Schulter fallenden Volanten mit bewußter
Nachlässigkeit geworfen, das gelockte Haupt schützte ein hoher Seidenhut. Die
Frau kehrte zu dem um eine Spanne verkürzten Empirekleid zurück, so daß es
nur bis zum Knöchel reichte.

Nach einem halben Jahrzehnt wurde die Empiretaille endgültig aufgegeben —
zugunsten des wieder hervorgeholten Korsetts! Der Oberarm wurde betont durch
stark ausweitende Bausche, der Unterärmel war eng. Korrespondierend mit dem
Oberärmel bauschte sich der Rock um die Knie. Die Herren trugen auf dem
wieder gekürzten Gilet den auf Taille geschnittenen Rock oder auch Frack, der
Seidenhut wurde noch höher. Sie kennen diese Mode, die zwei Jahrzehnte lang,
bis 1840, in Deutschland höchst beliebt war, aus Bildnissen der vorigen Generation
, sie wird heute, nach ihrem Verschwinden, ironisch als „Biedermeiermode
" bezeichnet.

Der Frack wurde nun vom „Gehrock", dieser von der bequemen Jacke verdrängt
, den Frack finden wir nur noch auf dem Ball und bei weiteren festlichen
Anlässen, der schwarze Rock ist das Festkleid des schlichten Mannes, und zwar
gleichermaßen für Freuden- wie für Trauerfeste geworden, der Seidenhut scheint
ihm als Begleiter treubleiben zu wollen.

Waren in den älteren Ihnen vorgeführten Moderichtungen die Männer- und
die Frauenkleidung in Form und Farbe aufeinander abgestimmt, ja waren sie
aus gleichem Stoffe gearbeitet, so macht sich in den neuen Moden eine merkwürdige
Verselbständigung der beiden Bekleidungsgruppen bemerkbar, die sich
in den letzten Jahren zur Divergenz gesteigert hat: die Frauenkleidung wird in
Ansehung der Farbenskala bunter, die Stoffe der Männerkleidung dagegen weisen

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