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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
37. Heft.1957
Seite: 56
(PDF, 59 MB)
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kuren" sehen können, wie denn auch sonst die Geschichte des Thermalkurortes
Baden-Baden eine Fülle historisch bedeutsamer Anfänge der deutschen Heilbäderstruktur
und ihrer badetechnischen Organisation aufweist: etwa die erste Einführung
einer „Kurtaxe" durch den eben genannten Markgrafen in der Stadtordnung
von Baden 1507.

Eine eigenartige Bestimmung enthält der fünfte Artikel. Er weist den Bettelvogt
an, „keine fremden Jakobs- oder Michelsbrüder" länger als einen Tag in
Baden sammeln zu lassen. Dies waren Wallfahrer nach St. Jago de Campostella
und Mont Saint Michel in der Normandie: warum gerade diese Bettel-Pilger erwähnt
werden, ist aus der Verordnung nicht ersichtlich, es ist auch kein anderer
Hinweis dem Verfasser greifbar gewesen. An sich war es üblich, daß arme Pilger
ihre Fahrt durch Bitten um milde Gaben und Verköstigung „organisierten".

Eine wiederum für das kurörtliche Leben in Baden am Anfang des 16. Jahrhunderts
und damit wohl überhaupt eine der frühesten Bestimmungen dieser Art
in der deutschen Bädergeschichte enthält der nächste Paragraph. Er ist in seiner
Ausführlichkeit bedeutsam, da er eine Anzahl von Delikten anführt, die nicht
eben erfreuliche Schatten auf die Zustände in den Bädern werfen. Da heißt es,
der Bettelvogt möge auf jene ein wachsames Auge haben, die „hinter dem fryen
bade", hinter dem Freibad, einem der Thermalbäder, mit Buhlerei, mit Spiel und
anderer „Buberey umbgiengen": wohl auch einer der frühesten Hinweise auf eine
Art von „Spielbank" in Baden-Baden. Weiter habe er zu achten auf die Gotteslästerer
, die Zusäufer — eine üble Sitte des Mittelalters — und auf alle unnützen
und verdächtigen Gesellen und Frauen; bekanntlich war in jener Zeit
das gemeinsame Baden durchaus üblich. Er solle sie dann „by sinem eyd" dem
Schultheiß zur Anzeige bringen.

Ein weiterer Paragraph betrifft die Kirchenaufsicht des Bettelvogts und im besonderen
seine Aufgabe, dafür zu sorgen, daß „die gemynen frauwen oder metzen"
ihren Stand nicht bei oder unter den anderen beim Gottesdienst in der Stiftskirche
nehmen, sondern „unter dem Glockenturm und sonst nirgends in der
Kirche". Demnach gab es in der Bäderstadt um 1500 ein Bordell, wie wohl in
jeder mittelalterlichen Stadt von einiger Bedeutung. Bei dem an sich damals der
Einwohnerzahl nach kleinen Baden dürfte die Eigenschaft der Stadt als Kurort
mitgespielt haben; die Zahl der Gäste war um 1500 relativ sehr groß, etwa dreitausend
jährlich, und zwar weitaus überwiegend nur in den Sommermonaten.

Die Zugehörigkeit einer „gemein Frau" zu einem Bordell war allerdings kein
Grund, nicht wie andere Frauen zur Kirche zu gehen. Ja, die Pächter eines
öffentlichen Frauenhauses waren sogar gehalten, die „Metzen" zur Erfüllung ihrer
kirchlichen Pflichten anzuhalten. Aus einem Konstanzer „Bestandsbrief des öffentlichen
Frauenhauses", es trug den hübschen Namen: Im süßen Winkel, und lag
in der Kreuzlinger Vorstadt — es war zur Zeit des großen Konzils, als man in
Konstanz über 500 eingeschriebene Dirnen zählte —, geht klar hervor, daß die
Pächter dieses den Konstanzer Chorherren zu St. Stephan gehörenden Hauses
vertraglich gehalten waren, die „gemein Frauen" — was aber nicht moralisch zu

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