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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
38. Heft.1958
Seite: 14
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versunken war. Teilnehmer des Rastatter Kongresses kamen auf Wagenfahrten
und Ausritten nach „Baden bei Rastatt", wie das Gemeinwesen damals
geringschätzig genannt wurde; und waren Verpflegung und Unterkunft auch mäßig,
nahmen die Besucher dennoch die Erinnerung an die warmen Bäder und an die
liebliche Landschaft in ihre Heimatländer mit. Die Summe der Gäste, die 1795
auf einen bedenklichen Tiefstand abgesunken war, stieg von Jahr zu Jahr.

Bei der Vereinigung der Markgrafschaft Baden-Baden mit Baden-Durlach war
es zu unliebsamen konfessionellen Auseinandersetzungen und Machenschaften gekommen
, Markgraf Karl Friedrich hatte deshalb dieBäderstadt während dreier Jahrzehnte
gemieden. Erst als sich Königin Luise von Preußen entschloß, dorthin zur Kur
zu reisen, überwand der Landesherr Groll und Abneigung. Er ließ das verwahrloste
Neue Schloß wohnlich ausbauen, so daß es im Laufe der Jahre als Sommerresidenz
dienen konnte. Damit wurde Baden-Baden wieder zur Stätte politischer
Zusammenkünfte und künstlerischer Veranstaltungen.

Im Gefolge Karl Friedrichs kam einer der seltsamsten Zeitgenossen in das Oostal
, Hofrat Heinrich Jung-Stilling, Schneidergeselle, Dorfschulmeister,
Nationalökonom, Dichter, Mediziner und Star-Operateur in einer Person. Zu
Straßburg hatte er zu Goethes Studienfreunden gezählt. Mit zunehmendem Alter
war der eigenwillige Mann mehr und mehr in den Bann der Romantik geraten
und hatte sich der Magie ergeben. Wenn die sternenlose Nacht ihr dunkles Tuch
vor die Fenster des Neuen Schlosses hängte und um die bedrängenden Stadtmauern
einen zweiten, noch undurchdringlicheren Wall legte, wenn aus den Fichten des
weiten Schloßgartens hohl das Käuzlein heulte, ließ sich Jung-Stilling tief in die
Geheimnisse der Finsternis, in das Rätselvolle, Unbekannte und Unheimliche
hinabziehen. Goethe bekannte enttäuscht: Jung ist leider in seinem Glauben an
die Vorsehung zur Mumie geworden! Der im Alter leicht beeinflußbare Markgraf
geriet unter die Gewalt dieses Geistersehers, den er zu seinem Leibarzte ernannte.
So war Jung-Stilling nach Baden-Baden gekommen und soll auch in dem ehemaligen
Gasthaus „Zur Rose" einige Star-Operationen durchgeführt haben.

Um das Jahr 1810 erwarb der Stuttgarter Verleger Johann Friedrich Cotta,
der Herausgeber des „Morgenblattes für gebildete Stände", das einstige Kapuzinerkloster
vor dem Ooser Tor und ließ es durch Weinbrenner zum Badhotel
„Badischer Hof" umbauen. Er suchte sein Haus zum Treffpunkte der führenden
Männer in Staatsleben und Kunst zu machen. Auf seine Einladung kam der Wortführer
der Romantischen Schule, Ludwig T i e c k , nach der Bäderstadt, und dessen
Namen begegnet uns während der folgenden Jahrzehnte wiederholt in der Fremdenliste
, gelegentlich gemeinsam mit jenem seiner Herzensfreundin, der Gräfin
Finkenstein. Tiecks Schatten geisterte immer noch über die Kurpromenade, als die
Romantik längst verblichen war und das „Junge Deutschland" seine neuen Kunstthesen
in die Welt schmetterte.

Karl Friedrichs Enkel und Nachfolger, Großherzog Karl, war vermählt mit
Stephanie Beauharnais. Diese Ehe knüpfte jene Verbindungen zur französischen
Hauptstadt, die für die Entwicklung der Bäderstadt im 19. Jahrhundert maßgebend
wurden und zur „Franzosenzeit" Baden-Badens führten.

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