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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
38. Heft.1958
Seite: 18
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eingezogen: 1862 steht Johannes B r a h m s zum erstenmal in der Fremdenliste
des „Hotels Bären". In den Tagen, da Clara Schumann das Anwesen an der
Oos erwarb, fand er oberhalb der Häuser von Unterbeuern in einem Landhäuschen
, „man schreibts Lichtenthai 136 bei Frau Advokat Becker", jene weltferne
Klause, die er für sein Schaffen suchte. Dort schrieb er so einzigartige, unverwelk-
liche Schöpfungen wie das „Deutsche Requiem" oder das „Schicksalslied". Nach
einer Brahms-Matinee im Kurhause bekannte sich sogar der Erz-Wagnerianer Pohl
zur Anerkennung des Meisters. Eine enge Schaffensgemeinschaft verband Brahms
mit dem nach Baden-Baden gezogenen Ostpreußen Adolf Jensen. Nach dem
Weggange Clara Schumanns löste sich auch Brahms mehr und mehr von der Bäderstadt
. Im Herbst 1880 kehrte er zum letztenmal im „Bären" an, der Stätte, an
der er einst seine zweite Symphonie, die „Lichtentäler", vollendet hatte.

Und wiederum führte die Geschichte, einem Pendelschlage folgend, vom künstlerischen
auf das politische Parkett. Queen Victoria erwählte die Villa Hohenlohe,
die weithin sichtbar am Waldrande des Friesenberges liegt, zur Sommerresidenz.
Im Sommer 1876 unterzeichnete Ministerpräsident Disraeli zu Baden-Baden
die Urkunde über den Ankauf der Suez-Kanal-Aktien, deren Besitz achtzig Jahre
später den englischen Staatsmännern allerlei Kopfzerbrechen verursachte.

Kurz vor dem Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges kam Detlev von
Liliencron in den „Badischen Hof". Wenn der junge Offizier sorglos durch
die Lichtentaler Allee schlenderte, dachte er wohl kaum an seine „Adjutantenritte
", die nachdrücklich den Literaturwandel von der Butzenscheibenlyrik zum
Impressionismus beschleunigen halfen. Im Hause Sophienstraße 15 starb wenige
Jahre nach dem Frankfurter Friedensschlüsse der streitbare Sänger der Deutschen
Revolution 1848/49, Georg Herwegh, der nach der Rückkehr aus der Verbannung
die Bäderstadt zu seinem Alterssitze gewählt hatte. Im gleichen Sommer
1875 wohnte Friedrich Nietzsche, damals Professor zu Basel, in der „Stadt
Paris", und 1878 lesen wir, daß er sich, wohl schon in den Nerven anfällig, in
der Stadt der heißen Quellen einer Kaltwasserbehandlung unterzog.

Franz Liszt besuchte nach langem Fernesein zum großen „L i s z t k o n z e r t",
das Felix Mottl dirigierte, im Mai 1881 zum letzten Male Baden-Baden.

Wie ein Erwecken bedeutender Vergangenheit vor dem Ungewitter, das kurz
darauf über das in vierzigjähriger Friedenszeit sorglos gewordene Europa hinbrausen
sollte, wirkt das denkwürdige Brahmsfest des Jahres 1911, bei dem
in vier Konzerten unter Generalmusikdirektor Fritz Steinhart nahezu alle
Kammermusikwerke und die wesentlichen Orchesterschöpfungen geboten wurden.
Daß man dabei vor andern der „Tragischen Ouvertüre" und der Zweiten Symphonie
gedachte, war Verpflichtung gegenüber großer Überlieferung.

Und dann grollte der ferne Donner, der ein Zeitalter des Unfriedens und der
Ruhelosigkeit für Europa ankündigte. Eine Aussprache zwischen Reichskanzler
von Bülow und Italiens Außenminister Tittonie enthüllte die Brüchigkeit des
Dreibundes. Und wenige Tage vor Ausbruch des Weltkrieges begegneten sich im
Juli 1914 Sassanow und Iswolski im „Hotel Stephanie", um die letzten Abreden
zu klären und abzuschließen.

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