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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
38. Heft.1958
Seite: 150
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1958/0152
In der Ortenau hausten in der schrecklichsten Weise abwechselnd die Schweden
und die Kaiserlichen. Man kämpfte nicht mehr für den Glauben oder das Vaterland
, sondern um Beute. Scharen von Reiterbuben, Soldatenfrauen und Kindern
begleiteten die Truppen. Am gefürchtetsten waren die Schweden. Von ihrem
Treiben unter ihren Glaubensgenossen schreibt der damalige Altenheimer Pfarrer
Büttner: „Anno 1633, den 30. und 31. Weinmond ist der schwedische General
Gustav Horn mit seiner ganzen Armee über Rhein herüber auf Kenzingen und
Breisach gezogen, und ist solche Armee bis auf den 16. Wintermond still gelegen,
haben alles in der Herrschaft und da herum in Grund und Boden verderbt, weder
Freunde noch Feinde verschont und sehr großen Schaden getan und hernach aus
diesem Lande durch das Kenzinger Tal in Württemberg gezogen, auch an vielen
Orten gebrannt, Kirchen geplündert, gemordet und Summa ebenso arg gehauset
als die Türken: Experti sumus (= Wir habens erfahren)."

Um den Peinigern zu entrinnen, flüchteten die Bewohner unserer Rheinorte mit
ihrer wenigen Habe in die Dickichte der Rheininseln. Da errichteten sie ihre
„Elendshütten", aus denen sie oft durch die Hochwasser vertrieben wurden. Mitten
unter den Geflohenen weilte der treue Seelsorger, ihnen Hilfe und Trost spendend.
Er taufte da manches Kindlein. Aber auch in die entlegensten Schlupfwinkel drang
der beutegierige Soldat.

Besonders schrecklich war das Kriegselend 1634 und in den folgenden Jahren.
Zu der allgemeinen Hungersnot schleppten die Heere ansteckende Krankheiten
ein. Die Pest raffte viele dahin.

Ende Juli 1637 überschritt der mit den Schweden verbündete Herzog Bernhard
von Weimar den Rhein und verschanzte sich bei Wittenweier. Am 9. August 1638
schlug er in einer Schlacht die Kaiserlichen so gründlich, daß von der ganzen
Armee kaum 3000 Mann davonkamen, die bis Offenburg und Oberkirch zurückgeworfen
wurden. Nach dem Tode Bernhards 1639 trat sein Heer in französischen
Sold und wurde mit den Franzosen untermischt. In unserer Gegend dauerten
die Schrecken des Krieges fort. Am 17. August 1644 zogen der französische Herzog
Enghien und Turenne mit einem Abenteurerheer aus Franzosen, Deutschen,
Schweden, Italienern, Kroaten, Irländern, Schotten und Wallonen bei Goldscheuer
über den Rhein. Kurz darauf marschierte Turenne mit der französischen Armee
über den Rhein nach Speyer. Endlich im Jahre 1648 wurde der langersehnte
Friede geschlossen. Über Trümmer und Totenfelder hallten dumpf die Friedensglocken
. Für das Deutsche Reich bot sich das Bild tiefsten Absturzes.

Deutschlands Bevölkerung war von 18 Millionen auf 3 H Millionen zusammengeschmolzen
. Die Gemeinde Goldscheuer zählte nur noch die Hälfte der früheren
Bevölkerung. Während des Krieges kam man selten dazu, die beschädigten Rheindämme
auszubessern. Sie zerfielen, und die Abzugsgräben in Feld, Wiesen und
Weiden verschlammten. Das Land versumpfte. Ein Amtmann der Ortenau schildert
den Zustand mit derbem Humor: „Die Bauern sind mehrenteils verdorben, gestorben
, die andern verloffen, und das Land ersoffen." Von den Viehbeständen
waren überall fast 80 % vernichtet. Goldscheuer besaß 15 Jahre nach dem Kriege
kein Hauptvieh (Ochsen, Kühe), sondern nur noch Schmalvieh.

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