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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
38. Heft.1958
Seite: 167
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kleinste Dorf. Auch in Neuweier war man stolz darauf, seinen Teil
beigetragen zu haben zum Wiedererstehen des Reiches. Auf den
französischen Schlachtfeldern hatten gekämpft Johann Meier, Ludwig
Knopf, Peter Hasel, Pius Velten. Vor mir liegt eine vergilbte Photographie
des Gesangvereins Yburg aus dem Jahre 1882, eine liebe
Erinnerung an jene entschwundene Zeit. Im Halbkreis gruppieren
sich die Sänger um Vorstand und Dirigenten, die an einem Tischchen
sitzen. Es sind kräftige Gestalten, ob jung oder alt, mit. ernstem,
harte Arbeit verratendem Gesichtsausdruck. Vor dem Tischchen
steht auf einem Steinblock kein Wein-, sondern ein Bierfäßchen, und
die Sänger halten Notenblätter oder gefüllte Biergläser in der Hand.
Diese Biergläser sind bezeichnend. Uberprüft man das Verzeichnis
der Weinerträgnisse von 1870 bis 1922, so findet man kaum einen
Vollherbst. Ja, der Winzerstand hat einen schweren Beruf. Wie oft
machen Witterung oder Rebkrankheiten seine Arbeit zunichte. Kein
Wunder, daß mancher Winzer sich anderen Kulturen zuwandte, der
Erdbeere oder der Frühzwetschge. In diese Zeit fällt die Errichtung
des Neuweierer Rathauses, 1894/95 war Baujahr.

Von der Jahrhundertwende ab umdüstert sich der politische Himmel
zusehends. Es kriselte, bis die Bombe platzte in Serajewo. 1914
begann der Weltkrieg, sein unglücklicher Ausgang brachte uns an
den Abgrund. Neuweier hat mit 53 Gefallenen einen furchtbaren
Blutzoll bezahlt. Die Front, das Reich, die Währung brachen zusammen
. In dieser unheilschwangeren Zeit schlössen sich beherzte
Männer unter Führung des nachmaligen Bürgermeisters Hermann
Meier zusammen, um in gemeinsamer Abwehrfront ein Verschleudern
des Vollherbstes von 1922 zu verhindern. Das war die Geburtsstunde
der Winzergenossenschaft Neuweier. Sie verfolgte ein dreifaches
Ziel: Steigerung der Qualität, Sicherung des Absatzes, Kreditverbesserung
. Allen Widerständen zum Trotz setzte sie sich durch
und gewann immer mehr Anhang. Zähes Durchhalten, persönliche
Opfer, selbstlose Mitarbeit der Mitglieder werden für immer Ruhmesblätter
sein in den Annalen der Genossenschaft. Der Bau eines Winzerkellers
wurde in Angriff genommen, man schaffte die modernsten
hydraulischen Pressen an, den Wein füllte man in Flaschen ab, die
Brühe zum Spritzen der Reben wurde in einer Anlage zur gemeinsamen
Benutzung hergestellt, alles wurde getan, um die Unkosten
zu verringern, die Qualität zu verbessern. Ein gut geschulter Kellermeister
betreute die Herstellung des Weines und das Reifen in den
Fässern. Durch ihre vorbildliche Organisation überstand die Ge-

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