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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 103
(PDF, 128 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1960/0106
meist ein Beweis für die Wachstumskräfte und Raumbedürfnisse der Städte und darum die
oben zusammengestellten Wachstumszahlen keine wirkliche Entstellung der natürlichen Entwicklung
; doch freilich mit Ausnahme von Freistett. Das Städtchen Neufreistett, eine Fehlgründung
des 18. Jahrhunderts, ohne eigene Gemarkung, mit geringer und stets abnehmender
Bevölkerung, wurde erst lebensfähig durch die Vereinigung mit dem viel älteren, stattlichen
Dorf Freistett mit großer Gemarkung und ansehnlicher Bevölkerung. Im Mittelalter
wurden einverleibte Dörfer oft abgerissen; heute werden sie in den Stadtbereich einbezogen
und verraten in Hausbau und Erwerb oft noch lange ihre dörfliche Herkunft, so z. B. Dorf
Kehl; aber allmählich zieht auch hier der städtische Charakter ein; landwirtschaftliche Räume
werden in Werkstätten und Lagerräume umgewandelt; Bauernhäuser müssen städtischen
Bauten weichen, die Industrie zieht ein, aber immer noch finden sich vereinzelte bäuerliche
Fachwerkhäuser gleichsam als Schmuckstücke und geschichtliche Denkmäler, die an frühere
Verhältnisse erinnern.

Schon die mittelalterliche Stadt ist der Sitz von Handel und Gewerbe, und
der Markt ist eines ihrer wesentlichen Kennzeichen; als Marktorte sind
viele Städte gegründet; wesentlich ist für die Stadt ihre Ummauerung; als solche
hat sie dann auch politisch-militärische Bedeutung; sie kann dann auch zu einem
solchen Zweck errichtet worden sein, oft bei oder mit einer Burg, so Lahr, Lichtenau
, Mahlberg, Oberkirch (Burg Fürsteneck), Offenburg, Oppenau, Renchen.
In beiden Fällen war eine günstige Verkehrslage an bedeutenden und viel benützten
Straßen eine wichtige Vorbedingung; das gilt auch für die Ortenaustädte;
über die Hälfte (neun) liegt an der Bergstraße, der uralten Nord-Süd-Verkehrslinie
am Fuß des Schwarzwaldes, drei an der Kinzigtalstraße, zwei an der Rench-
Kniebis-Straße, die beide über den Schwarzwald nach Schwaben führen, drei an
der „Rheinstraße", die geringere Bedeutung hat. Für die neuzeitliche Entwicklung
spielen aber noch andere Faktoren, wie günstiges Hinterland, Möglichkeiten gewerblicher
und industrieller Entwicklung, nachbarliche Konkurrenz, eine gewichtige
Rolle; so finden wir neben aufblühenden und wachsenden Städten solche,
deren Einwohnerzahl (ehe der Bevölkerungszustrom aus dem Osten einsetzte) weitgehend
stagniert; so kam Steinbach nicht gegen Bühl auf, das mit dem Bühler Tal
und durch die Kleinbahnverbindung mit dem Hanauerland besseres Hinterland
besitzt. Renchen blieb hinter Oberkirch zurück, seitdem die Verbindung von Straßburg
über den Kniebis nach Schwaben nicht mehr über Renchen, sondern über
Appenweier und Oberkirch geht, und deshalb auch die Renchtalbahn von Appenweier
, nicht von Renchen abzweigte. Mahlberg war gegen das begünstigte Lahr
mit dem Schuttertal als Hinterland und der Straße zum Kinzigtal im Nachteil;
damit konnte sich auch Ettenheim mit dem kleinen Tal des Ettenheimer Baches
nicht messen. Lichtenau und Freistett sind Landstädtchen geblieben inmitten verhältnismäßig
dünnbesiedelten Kleinbauernlandes, wo auch zunächst nichts zu einer
Industrie lockte. Erst die ganz modernen Bestrebungen der Dezentralisierung der
Industrie, Verlegung von Industrie, vor allem auch ehemals ostdeutscher, auf das
Land, bietet ihnen wieder eine bescheidene Aussicht. Weitaus am begünstigten ist
Offenburg im offenen Land an der Kreuzung der beiden wichtigsten Verkehrslinien
des Landes, der Süd-Nordlinie Basel—Frankfurt und der West-Ostlinie Paris—
Straßburg—Bodensee—Innsbruck; dazu das Kinzigtal und z. T. auch das Renchtal
als Hinterland; >so mußte Offenburg zur größten Siedlung der Ortenau werden;

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