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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 118
(PDF, 128 MB)
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genannt, aufgelagert. Bei größeren Bauten werden zwischen den Stockpfetten
(Rafenschwellen) und der Firstpfette noch Dachpfetten (DP) angeordnet, die durch
weitere Säulen (STS) unterstützt sind (Abb. 4, 17). Die Stockpfette wird hierbei
nur noch in seltenen Fällen als Schwelle benutzt; in der Regel wird fortan über das
Dachgebälk parallel mit den Längswänden des Hauses eine Schwelle (Fußpfette,
Rafenschwelle SPS, PS) gelegt (Abb. 17). Über den Pfetten hängen die Rafen
(Abb. 2, 4a, 17). Auf ihnen wird die Deckung aus Stroh, Schindeln oder Ziegeln
befestigt. Die Last des Daches wird von den Pfetten und den unter den Pfetten
stehenden Säulen getragen und damit in das Innere des Gebäudes geleitet. Diese
Dachform wird Pfettendach2) genannt.

Drei Binderscheiben (Abb. 2, I, II, III), in den Rechtssatzungen der südwestdeutschen
Dörfer und Archivalien „Gabeln, gäbeil, creutz" geheißen, hintereinander
gestellt und durch die Dachpfetten und die Firstpfette in ihren Stellungen gehalten,
ergeben das Hausgerüst der Häuser in den Vorbergen um 1300 (Abb. 1, 2). Die
Binderscheiben teilen dabei das Haus in zwei Zonen, in die Eingangszone (Abb. 2 a
Raum 3) und in die Stubenzone (Raum 2). Eine späterhin in der Firstrichtung eingezogene
weitere Wand teilt die zwei Zonen jeweils noch nach der Raumbreite
(Abb. 2b). Der Raum 1 wird unterteilt in den Flur (1), in der Ortenau Hausgang
und „Huseren" genannt, und in die Küche (3). Von der Stube (2) ist die Kammer (4)
abgetrennt worden. Wir nennen daher diese Form Küchenflurhaus.

Die Wände haben keine Lasten zu tragen. Sie schließen das Haus lediglich nach
außen ab. Ihre Gefache zwischen den Säulen sind mit Flechtwerk-Lehmfüllungen
oder mit Bohlen ausgesetzt gewesen.

Nunmehr vermögen wir uns das Haus im Vorhügelland der Ortenau um 1300
vorzustellen. Es hat wie folgt ausgesehen: Drei vom Erdboden bis zum First durchgehende
Firstsäulen, und je drei Wandsäulen in jeder Längswand umschreiben das
Haus in seiner äußeren Form. Haus- und Dachgerüst sind nicht zu trennen; sie
waren eine Baueinheit, die auch in einem Arbeitsgang aufgerichtet worden ist.

Von diesem Hausgerüst ist nur die Raumeinteilung bis in die Gegenwart beibehalten
; die Firstsäulen sind verschwunden und in der geschichtlichen Ortenau nur
noch höchst selten, gelegentlich in Nebenbauten oder in spärlichen Resten vorhanden
(Abb. 3, 5), im Gegensatz zu den anschließenden Gauen und zum Schwarzwald.

In der Ortenau wird dieser Gerüstbau unter dem Einfluß der Bürgerhäuser in
Straßburg schon im Verlauf des 14. Jahrhunderts vom stockwerkweisen Aufbau
abgelöst. Während auf dem Lande noch um 1300 die Häuser mit durchgehenden
Firstsäulen aufgerichtet worden sind, wurde in Straßburg in dieser Zeit bereits,

2) Neben dem Pfettendach wird am Oberrhein seit dem Ausgang des Mittelalters bei den bäuerlichen
Bauten noch eine Mischform zwischen Pfetten- und Sparrendach verwendet (Abb. 4, 6). Beim Sparrendach
sperren sich die Sparren wie die gespreizten Schenkel eines Zirkels auf einen Dachbalken, der über die Hausbreite
gelegt ist. Die zwei Sparren und der Balken bilden ein unverschiebbares Dreieck. Die Dachlast wird
bei dieser Geriistart auf die Außenwände des Hauses übertragen. Das Sparrendach ist in Norddeutschland beheimatet
.

Rafen und Sparren sind also zwei verschiedene Konstruktionselemcnte. Die Rafen hängen und die Sparren
stehen. Leider werden diese Unterschiede von den heutigen Bauleuten nicht mehr sprachlich ausgedrückt.
Heute werden alle Dachhölzer Sparren genannt. Nur im Schwarzwald, in der Schweiz und in Bayern werden
von den älteren Zimmerleuten noch sachlich die Rafen von den Sparren unterschieden.

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