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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 142
(PDF, 128 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1960/0145
Welchen Umfang diese Vogtei hatte, lassen erst die Urkunden und Verträge des
13. Jahrhunderts mit hinreichender Deutlichkeit erkennen. Zum Kloster Gengenbach
gehörten Offenburg, Ortenberg, der Ort Gengenbach, Zell und Harmersbach,
also fast das ganze Kinzigtal, das Kernstück der Ortenau, sowie im Süden Mahlberg
und Ichenheim. Dazu kam das Kloster Schuttern mit seinem Besitz, der gerade
im Jahre 1016 noch eine bedeutende Vermehrung erfuhr14). Dieses umfangreiche
Vogteigebiet in Verbindung mit den Grafschaftsrechten und einem nicht unbeträchtlichen
Allodialbesitz sicherte den Zähringern den vorwaltenden Einfluß im Gebiet
der Ortenau. Der Ursprung der zähringischen Allodien in dieser Gegend ist nicht
aufzuklären; jedenfalls erstreckten sie sich im wesentlichen auf das Renchtal, das
wohl überhaupt erst durch die Zähringer der völligen Besiedelung erschlossen wurde.

Bezelins Sohn, Berthold I., erbte nach dem Tode des Vaters die ortenauischen
Besitzungen und Rechte15). Da er hiermit die Grafschaft im Breisgau, Thurgau und
Albgau vereinigte, nahm er in den Oberrheinlanden eine gebietende Stellung ein,
die es ihm nahelegen mußte, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit die Hand
nach einem Herzogtum auszustrecken. In der Tat wurde ihm 1061 das Herzogtum
Kärnten zugesprochen, von dem er, ohne es je betreten zu haben, wenigstens den
herzoglichen Titel für sich und sein Haus erlangte. Mit dieser Standeserhöhung wird
es wohl zusammenhängen, daß Berthold damals seine Grafschaften, mit Ausnahme
des Breisgaus, in dem seine Stammgüter lagen, aufgab. In der Ortenau erscheinen
wieder Grafen, die mit dem zähringischen Hause in keinem erweisbaren verwandtschaftlichen
Zusammenhang stehen, 1064 Wernhard, 1070 Luitfrid18). Die Urkunde,
die den letzteren nennt, vermittelt uns außerdem die Erkenntnis, daß Ottenheim
eine der Mal- oder Gerichtsstätten der Ortenau war, sicherlich nicht die einzige,
denn Kinzigdorf (das später in Offenburg aufgegangen ist) erscheint schon am Anfang
des 10. Jahrhunderts in der gleichen Bedeutung17) und könnte wegen seiner
zentralen Lage am ehesten als Hauptdingstätte der ganzen Ortenau in Frage kommen
. Dafür spricht auch der Wortlaut unserer Urkunde, der den Ort Ulm „in pago
Mortenowa in comitatu Chinzihdorf et Otenheim" gelegen sein läßt. Daß statt des
zu erwartenden Ausdrucks „in comitatu Luitfridi" die Bezeichnung der Grafschaft
nach zwei Dingstätten gewählt wird, ist sehr absonderlich und schwer zu erklären18
), aber es berechtigt doch nicht im mindesten zu der von Mone und anderen
Forschern mit großer Sicherheit vorgetragenen Behauptung, die Ortenau sei damals
in zwei Grafschaften, Kinzigdorf und Ottenheim, zerfallen. Wenn dies wirklich
gemeint wäre, hätte ja Ulm nach Angabe der Urkunde in beiden Grafschaften zugleich
liegen müssen! Vielmehr läßt gerade diese Stelle, da Ulm im Norden, Ottenheim
im Süden unserer Landschaft liegt, mit zweifelloser Deutlichkeit erkennen,

14) Heinrich II. sdienkte den Ort Heiligenzell, eine Hufe in Friesenheim und sechs Hufen in Plobsheim
„de nostro iure ac dominio", also Königsgut. DH. II 348.

") Vgl. die Urkunden DK. II 13; 180; St. 2358, 2547, in denen Berthold als Ortenaugraf erscheint.
«) Stumpf, Die Reichskanzler, 2642 a; Schöpflin, Als. diplom., I 174 nr. 221.

17) in publico mallo in oppido quod dicitur Chinihdorf. Würdtwein, Nov. subsid. III 350. Die Urkunde
ist zwar verfälscht, und es bleibt deshalb zweifelhaft, ob diese Angabe wirklich für das 10. Jahrhundert zutrifft
, aber in keinem Falle konnte sie der Fälscher ganz aus der Luft greifen.

18) Der Deutungsversuch Th. Müllers, ZGORh. (= Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheines) NF. VIII
427 scheint mir Beachtung zu verdienen.

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