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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 178
(PDF, 128 MB)
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destens seit 1533 evangelisch. Trotzdem gelang es diesen Geschlechtern natürlich
nicht in allen Fällen, ihre zerstreut und vereinzelt liegenden Dörfer, besonders
wenn sie rings von rein katholischen Territorien umgeben waren, dem neuen Kultus
zuzuführen. Die Röderschen Dörfer Oberschopfheim und Diersburg waren sehr
früh protestantisch, während in Hofweier erst 1534, in Oberweier 1570, in dem
Wurmserschen Ort Meißenheim seit 1556 protestantische Prädikanten nachweisbar
sind. In Allmannsweier und Wittenweier scheiterten noch in den vierziger und
fünfziger Jahren die Bemühungen der Freiherren von Böcklin um Einführung neuer
Prediger am Widerstand der Klöster Schuttern und Leberau.

Im Zusammenhang mit der Ausbreitung der neuen kirchlichen Lehre waren
auch verschiedene Glaubensrichtungen aufgekommen, die zwar ebenfalls das Papsttum
und die Einrichtungen der alten Kirche ablehnten, sich aber doch auf der
anderen Seite auch nicht mit dem eben im Aufbau begriffenen evangelischen Kirchenwesen
befreunden konnten. Daß solche Richtungen auch in der Ortenau, wenig-
Stenz zeitweilig, ihre Anhänger fanden, ist wohl hauptsächlich auf die Nähe der
Stadt Straßburg zurückzuführen, deren Behörden jahrelang gegenüber dem Auftreten
der Sekten ein auffallendes Maß von Duldsamkeit bewiesen. Straßburg
wurde dadurch um die Wende der zwanziger und dreißiger Jahre geradezu ein
Sammelplatz aller derjenigen Elemente, die außerhalb der alten und der neuen
Kirche ihre eigenen Wege zu gehen suchten. Neben spiritualistisch gerichteten
Denkern, phantastischen Propheten des Jüngsten Gerichts und Antitrinitariern sind
hier vor allem die Wiedertäufer zu nennen, die durch die Forderung der Erwachsenentaufe
und die Verweigerung von Eid und Waffendienst in mannigfache Konflikte
mit der geistlichen und weltlichen Obrigkeit verwickelt wurden. Es ist
sicherlich kein Zufall, daß gerade in den ortenauischen Gemeinden, die zum rechtsrheinischen
Gebiet der Stadt Straßburg gehörten, kleine täuferische Gemeinden
entstanden, die sich trotz öfters wiederholten Verhören und Ausweisungen noch
bis in die siebziger Jahre des 16. Jahrhunderts behaupten konnten38). Aber auch
in den Städten Bühl und Lahr, in der Grafschaft Fürstenberg und im Reichstal
Harmersbach fand die Sekte ihre Anhänger. In Lahr übte zeitweise der bekannte
täuferische Wanderprediger Jakob Groß seine Tätigkeit aus, und in der mittleren
Ortenau begegnen wir sogar einem der führenden Köpfe der täuferischen Bewegung
, dem Tiroler Pilgram Marbeck, der aus seiner Heimat wegen seines Glaubens
vertrieben worden und in die Dienste der Stadt Straßburg getreten war. In
dieser Stellung hat er sich als Fachmann — er hatte in Tirol das Amt eines Bergrichters
bekleidet — um die Einrichtung und Verbesserung der Holzflößerei im
Kinzig- und Einbachtal große Verdienste erworben, und eine spätere Quelle
berichtet sogar, daß man das dort geflößte Holz mit Beziehung auf Marbecks Vornamen
als „Pilgerholz" bezeichnet habe. Eine erfolgreiche Propaganda für die
täuferische Sache hat Marbeck im Gebiet der Ortenau schwerlich entfalten können,
zumal da er schon 1531 „siner jrrigen opinion halb" von der Stadt Straßburg aus

38) Vgl. hierüber und zum Folgenden die einschlägigen Quellenveröffentlichungen: Quellen zur Geschichte
der Täufer. IV. Bd. Baden und Pfalz. Von Manfred Krebs, Gütersloh 1951; VII. Bd. Elsaß I. Tl. Von Manfred
Krebs und Hans Georg Rott, Gütersloh 1959.

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