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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 210
(PDF, 128 MB)
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betroffenen Gebieten betätigten, eine traurige Berühmtheit in der Geschichte erlangt.
Neben der Pfalz, die damals das klassische Land französischer Kriegsgreuel wurde,
hatte auch die Ortenau 6Ü) eine neunjährige Leidenszeit durchzumachen, deren verheerende
Wirkungen hinter denen des Dreißigjährigen Krieges kaum zurückstanden.

Schon das Jahr 1688 konnte die kommenden Dinge vorausahnen lassen. Die Befestigungswerke
von Willstätt ließen die Franzosen im November kurzerhand schleifen
; der Amtmann wagte keinen Widerspruch und konnte mit Mühe nur so viel erreichen
, daß wenigstens der Graben, der die Mühle trieb, nicht mit zugeschüttet
wurde. Wenig später mußten auch die Bürger von Offenburg, das schon im Oktober
mit einer französischen Garnison belegt worden war, mit eigner Hand behilflich
sein, ihre Türme und Mauern, die jahrhundertealte Schutzwehr der reichsstädtischen
Freiheit, einzureißen. Unerschwingliche Kontributionen wurden den Untertanen auferlegt
und bei Nichterfüllung der geforderten Lieferungen mit Gewaltmaßnahmen
gedroht. „Faute de quoy vous y serez contraint par toutes sortes de voyes", ließ der
französische Intendant De la Grange an die Hanauische Regierung schreiben61). Die
Kaiserlichen trieben es nicht viel besser. So war das Land durch unaufhörliche Lieferungen
an Geld und Naturalien schon wirtschaftlich erschöpft, ehe die eigentlichen
Kriegsoperationen begannen82).

Das Jahr 1689, das dunkelste in der oberrheinischen Kriegsgeschichte und eines
der dunkelsten in der deutschen Geschichte überhaupt, brachte auch der Ortenau ein
nicht mehr zu überbietendes Maß von Leiden. Nachdem die Franzosen in der ersten
Jahreshälfte in der Pfalz und der unteren badischen Markgrafschaft ihre kulturelle
Überlegenheit mit Feuer und Schwert zur Genüge bewiesen hatten, wandte sich der
General Duras im August von Ettlingen aus nach Süden gegen die deutschen Kreistruppen
, die sich um Offenburg gesammelt hatten. Rauchende Trümmer bezeichneten
seinen Weg. Steinbach, Bühl, Stollhofen, Schwarzach, Lichtenau, Oberkirch, Offenburg
, Gengenbach wurden ein Raub der FlammenB:1), ganz zu schweigen von den
zahllosen Dörfern, denen das gleiche Schicksal beschieden war. Wie gründliche Arbeit
das „freundliche Element" leistete, ersieht man daraus, daß in Offenburg außer dem
Kapuzinerkloster nur wenige Häuser vom Feuer verschont blieben. Vom Franziskanerkloster
war nach dem Brande noch eine einzige Tür übrig, auf der man zur
Erinnerung an das Schreckensjahr die Inschrift anbrachte:

Marte arDente CLaVstro perVsto Vna VetVsta serVata fVI fortls perstltl (Als
die Kriegsfackel loderte und das Kloster verbrannt wurde, bin ich, ehrwürdig durch
Alter, allein übrig geblieben und habe tapfer widerstanden. 1689).

In Lichtenau zählte man nach dem Abzug der Franzosen noch 16 bewohnbare
Häuser, in Scherzheim drei, in Graueisbaum zwei, in Helmlingen gar nur eines. Von

6U) Karlsruhe, GLA. Specialia Kork. Kriegssache Konv. 5.

61) Den 26. September 1688 geschah der erste Durchmarsch französischer Kavallerie von 6000 Mann zur Belagerung
von Philippsburg. Lager bei Söllingen. Catinat und Montclar übernachteten im Kloster Schwarzach.
Befehl an Willstätt, die Schloßmauern und den Wall um den Flecken in kürzester Frist niederzulegen. Zu
Lichtenau begann man im Januar 1689 mit dem Abbruch der Stadtmauern.

62) Die Leistungen an Geld und Naturalien hatte der kaiserliche General Sereny auferlegt. Kaiserliche Truppen
standen damals nicht im Hanauerland.

63) Vgl. hierzu auch O. Kähni, Das Schicksal der Stadt Offenburg im pfälzischen Raubkrieg. In: „Ortenau"
26 (1939), S. 97—101.

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