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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 226
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1960/0229
genommen und haben zweifellos in vieler Hinsicht Gutes gewirkt. Offene Mißbräuche
, gegen die der einzelne Abt oft machtlos war, konnten auf den Kapiteln zur
Sprache gebracht und durch die Autorität der Visitatoren wirksam bekämpft werden
, wie etwa 1652 die in Gengenbach eingerissene Gewohnheit, daß einige Mönche
ihre Eltern bei sich wohnen hatten und sie auf Kosten der sehr heruntergekommenen
Klostereinkünfte mitunterhielten. In demselben Jahr waren die Klöster Ettenheim-
münster und Altdorf so stark reduziert, daß das Kapitel beschließen mußte, sie mit
fremden Konventualen aufzufüllen. Aber der Einfluß dieser Kongregation und ihrer
Kapitel war natürlich auf das rein geistliche Gebiet beschränkt, gegen äußere Feinde
und Anwendung weltlicher Gewalt konnten sie keinen Schutz gewähren; die Klöster
waren der wilden Soldateska des Dreißigjährigen Krieges und der ruchlosen französischen
Kriegführung in den Raubkriegen Ludwigs XIV. rettungslos ausgeliefert.
Welche trostlosen Folgen sich hieraus ergaben, mag ein Gengenbacher Bericht aus dem
Jahre 1729 zeigen78). Das Kloster war im Jahre 1689 so gründlich zerstört worden,
„daß (außer der auch verbrandten kirchen) kein stein auf dem andern geblieben".
Was von Klostergefällen nach dieser Katastrophe noch verfügbar war, reichte eine
Zeitlang kaum hin, um noch drei Religiösen zu unterhalten, und mußte noch großenteils
veräußert werden, „umb nur wieder unter ein Dach zu kommen und zur Noth
ein Gebäu aufzurichten". Aber trotzdem war der notwendige Neubau, der im
Jahre 1693 dem Vorarlberger Architekten Franz Behr in Verding gegeben wurde,
im Jahre 1729 „zur Helffte weder ausgebauet noch bezahlet". Auch von den Nachbarterritorien
und Städten wurden die Rechte der Klöster nach altem löblichem
Brauch so viel als möglich beeinträchtigt. Die Bagatellstreitigkeiten des Klosters
Gengenbach mit den Reichsstädten Gengenbach und Zell fanden nie ein Ende und nahmen
gelegentlich fast komische Formen an, wie in dem um die Anteile an der Weintaxe
im Jahre 1701 ausgebrochenen „Ochsenkrieg", in dem die Gengenbacher Bürger
nach dem klassischen lateinischen Ausdruck des Klosterchronisten Pistorius „coroni-
dem grobianitati et iniustitiae suae imposuerunt" und die Viehherden des Klosters,
als sie zur Weide ausziehen wollten, wie Feinde zurücktrieben77). Nicht selten zog
das Kloster in solchen bei jeder Gelegenheit vom Zaun gebrochenen Streitigkeiten
den kürzeren. Als gegen Ende des 17. Jahrhunderts der Anbau des Welschkorns
eingeführt wurde, führte diese Neuerung zu jahrelangen erbitterten Auseinandersetzungen
über die Frage, ob davon ein Zehnter entrichtet werden müsse und ob
diese Abgabe zum großen oder kleinen Zehnten zu rechnen sei. Das Kloster mußte
sich schließlich im Jahre 1723 damit zufriedengeben, daß das Welschkorn zehntfrei
blieb, worauf der Anbau dieser Frucht im Klostergebiet bedenklich zunahm78).

Es ist eine Welt des kleinlichsten Haders, in die wir hier einen kurzen Einblick
tun konnten. Wenn man die bunte Territorialkarte des Heiligen Römischen Reichs
Deutscher Nation im 17. und 18. Jahrhundert betrachtet oder einmal Gelegenheit
gehabt hat, die aufgestapelten Massen der Reichskammergerichtsakten in einem
unserer deutschen Archive anzustaunen, kann man sich wenigstens eine ungefähre

76) Freiburger Diözesan-Archiv XX, 262.
") ZGORh. N. F. VIII, 688.
'«) ZGORh. N. F. IX, 248 ff.

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