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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 232
(PDF, 128 MB)
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m achern und Beinheim aufs schwerste beeinträchtigt. Proteste dagegen hatten wenigstens
den Erfolg, daß die französische Regierung sich grundsätzlich zur Entschädigung
bereit erklärte. In den darüber geführten Unterhandlungen kam man von
französischer Seite schon im Sommer 1790 auf den Gedanken, der Markgrafschaft
als Ersatz die rechtsrheinischen Besitzungen des Hochstifts Straßburg, also die
Ämter Oberkirch und Ettenheim, anzubieten. Es war ein Auftakt zu den Säkularisationen
und Umwälzungen der napoleonischen Epoche, aus denen schließlich Baden
so bedeutend vergrößert hervorging. Damals konnten indessen solche Pläne noch
nicht verwirklicht werden, da es sich von selbst verbot, daß der Markgraf in diesen
Fragen ohne Einvernehmen mit den anderen geschädigten Ständen des Reiches
vorging.

Der hanau-lichtenbergischen Regierung in Buchsweiler wurden die in Verträgen
mit der Krone Frankreichs festgelegten Hoheitsrechte entzogen. Der herrschaftliche
Schultheiß öder Stabhalter mußte dem „Maire" des revolutionären Frankreich weichen
. Als man keine Versammlungen der deutschen Kollegien mehr duldete, wurden
gleich zu Anfang 1792 für die Reichsämter Lichtenau, Willstätt und Lemberg im
Pfälzer Hügellande ein Regierungs- und Justizkollegium zu Pirmasens angelegt.
Ein ansehnlicher Teil der Beamtenschaft kam dahin zu wohnen. In Buchsweiler blieben
noch ein Regierungskollegium, das Konsistorium und die Rentkammer (Landes-
hauptkasse).

Da sich die Österreicher und Preußen schlecht vertrugen, mußten sie Ende 1793
das Unterelsaß und die Rheinpfalz den ungeordneten Revolutionsheeren preisgeben.
Nun verließen viele — aus der Residenz Buchsweiler bei 500 Menschen: Beamte,
Geistliche, wohlhabende Bürger und Handwerker — aus Furcht vor der Guillotine
das Elsaß und wandten sich unsern Ämtern zu. Die hanau-lichtenbergischen Beamten
räumten auch Pirmasens und verzogen nach Darmstadt. Regierung, Rentkammer,
Konsistorium und Forstamt der Grafschaft tagten nun zu Darmstadt und hatten
nur noch Lichtenau und Willstätt zu betreuen. Die beiden Pirmasenser Grenadierregimenter
, welche der Nachfolger nach dem Tode Landgraf Ludwigs IX. (6. April
1790) aus Sparsamkeitsgründen auf ein Bataillon zu 400 Mann — Hessen-Hanau-
Lichtenbergisches Grenadierbataillon — vermindert hatte, mußten sich ebenfalls
nach Darmstadt zurückziehen. Nun erst wurden die Hanauer hessisch regiert; aber
Landgraf Ludwig X. war ein milder Herr und besuchte mehrfach seine Untertanen
am Oberrhein81).

81) In weiser Voraussicht hatte das königliche Frankreich alles seit Jahrhunderten Gewordene überm Rhein
bestehen lassen; denn das Elsaß war für Paris noch „eine fremde Provinz". Mit dem Rückmarsch der Deutschen
1793 wurde der Rhein auch zur Zollgrenze. Das war eine willkommene Gelegenheit, die Schmuggelei, geschützt
durch das Dunkel der Nacht, im großen aufzuziehen. Seitdem wußte man zu Scherzheim und Umgebung von
einem mitternächtlichen Leichenzug zu erzählen, was der badische Husarenobrist Heinrich Medicus 1802 als
eine Volkssage in Reime setzte und durch den Karlsruher Hof weiteren Kreisen bekannt machte. Es war aber
keine Geisterprozession, vielmehr ein gerissener Schmugglertrick gewesen; denn auch ortsfremde Fuhrleute und
Wanderer, sogar später ein Lichtenauer Pfarrer, haben diese geheimnisvolle Erscheinung gesichtet. Hier hatte
wohl der berüchtigte Pfarrerssohn Karl Ludwig Schulmeister aus Freistett, seit 1805 Hauptspion Napoleons I.,
seine Hand im Spiele. Wozu wird der gewiegte Handelsmann denn 1793 das Schlößchen Aubach zwischen Laut
und Obersasbach erworben haben? In jener Gegend vermutete man später die stummen Helfer des Schmugglerringes
. Seit dem Sommer 1870 ist der furchterregende Zug, ohne sein Geheimnis zu lüften, ausgeblieben. Zur

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