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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 265
(PDF, 128 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1960/0268
Die Bedeutung des Obstbaues wurde schon im 19. Jahrhundert erkannt. Die
Regierung förderte den Anbau von Obstbäumen und bestellte Obstbaubeamte,
denen eine Instruktion von 1827 galt, die u.a. besagt: „Der Plantagen-Inspector
hat ... die controlirende Aufsicht über die Ortsplantagen-Aufseher. In dieser Beziehung
liegt ihm ob, ihre Verrichtungen genau zu prüfen und sie zur Thätigkeit
und Fleiß anzuhalten, jedoch auch alles, was an ihm ist, anzuwenden, um sie zu
tauglichen Baumzüchtlern zu bilden, und es daher an Belehrung und Nachweisung
über die nöthigen Handgriffe, wo sich eine Gelegenheit dazu findet, nicht ermangeln
lassen." Auf die Belehrung der Bauern wurde besonderer Wert gelegt, daher
wurden in den Lehrerseminaren die künftigen Volksschullehrer mit den Grundsätzen
des rationellen Obstbaues vertraut gemacht, um auf diese Weise die Kenntnisse
aufs Land zu tragen. Die Amtsvorstände waren gehalten, bei den Ortsbe-
reisungen die auf der Ortsgemarkung wachsenden Obstbäume in Augenschein zu
nehmen und notfalls die Einführung neuer Sorten anzuordnen. Die in den sechziger
Jahren als Selbstverwaltungskörperschaften errichteten Kreise übernahmen
von den Staatsbehörden die unmittelbare Förderung des Obstbaues. Es wurden
Obstbauwanderlehrer, Kreisobstbauinspektoren und Baumwarte angestellt, ferner
wurden musterhafte Neuanlagen durch Geldprämien unterstützt. Mit den örtlichen
Obstbauvereinen haben sich der Landesobstbauverein und die Landwirtschaftskammer
um den Obstbau verdient gemacht. So war es möglich, von Jahr zu Jahr
den Ertrag qualitativ zu steigern. In besonderem Maß trifft dies für die „Bühler
Frühzwetschge" zu.

Über die Herkunft der bekanntesten Frucht der Ottenau, der Bühler Frühzwetschge
, besteht unter den Obstbaumzüchtern keine restlose Einigkeit. Es scheint
aber so viel festzustehen, daß der Anbau der Frühzwetschgen von Kappelwindeck
ausging. Man denkt an eine Kreuzung zwischen Pflaumen und Spätzwetschgen.
Die Vermehrung der neuen Sorte wurde dadurch erleichtert, daß der Baum Wurzelausschläge
bildet, die sich ohne Veredlung zu wurzelechten Bäumen erziehen lassen.
Ähnlich den Obstbaumzüchtern können auch die Historiker nur Vermutungen
anstellen oder sich auf die mündliche Überlieferung verlassen, wie sie Max Maurath
aufzeichnet: „In den Jahren 1840 bis 1850 wurde in der Gemeinde Kappelwindeck
in einem Buchenhaag auf den Grundstücken der Familien Hauser, Brom-
mer und Liebich eine Frucht aus zufälligen Kreuzungen von Spätzwetschgen gefunden
, die später berühmte Bühler Frühzwetschge. Bereits 1850 gab es am Hofe
von Liebich in Kappelwindeck einige Bühler Zwetschgenbäume. In den sechziger
Jahren kam die Frucht in kleinen Mengen auf den Bühler Markt. Es entwickelte
sich ein Obsthandel der sogenannten ,Körbleshändler', welche die Frucht in 30-
Pfund-Graskörben nach Baden-Baden zum Verkauf brachten. Der Kölner Obstgroßhändler
Krauß, der um jene Zeit in Waldmatt Edelkastanien kaufte, wurde
durch die Händlerin Surlis auf die neue Frucht aufmerksam gemacht. Schon 1870
kamen in Altschweier 30 Körbe Frühzwetschgen nach Basel zum Versand. Die Notjahre
zwischen 1870 und 1880 veranlaßten einige Bauern zur Pflanzung der Bühler
Frühzwetschgen. Aber solchen mutigen Vorkämpfern im mittelbadischen Obstbau
begegnete man mit Ausdrücken wie: ,Do guck emol hie, jetzt macht er sei ganze

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