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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
40. Heft.1960
Seite: 293
(PDF, 128 MB)
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nur zögernd mitgewirkt. Die alten, schlechten Gewohnheiten, wie etwa das Anfeuchten
mit der Zunge, waren nur mit Mühe zu beseitigen. Eine gewisse Schwerfälligkeit
der Tabakarbeiter ist unverkennbar. Erst spät schlössen die Tabakarbeiter
sich gewerkschaftlich zusammen. Der Deutsche Tabakarbeiter-Verband
zählte 1883 in Baden 31 Mitglieder, 1902 war er erst auf 265 Mitglieder angewachsen
. Die Mitgliederzahl stieg nach dem ersten Weltkrieg (1922) auf 25 439.
Daneben bestand der Zentralverband christlicher Tabakarbeiter Deutschlands, dem
1922 in Baden 12 857 Mitglieder angehörten. Außerdem gab es noch den Gewerkverein
Deutscher Tabakarbeiter mit (1922) 2 566 badischen Mitgliedern.
1903/1904 waren nur 2,5 % der badischen Tabakarbeiterschaft gewerkschaftlich
organisiert. Die Schwierigkeiten für die Organisation bestanden in der Dezentralisation
der Industrie, in der Frauenarbeit und in der Hausindustrie. Es ist verständlich
, daß eine Erwerbsgruppe wie die Tabakarbeiter mit so vielen Frauen und
so engen Beziehungen zur individualistischen Landwirtschaft sich verhältnismäßig
spät erst zu einem wirklichen Arbeiterstand entwickelte, der sich, ganz anders als
die städtische Industriearbeiterschaft, für gewerkschaftliche Solidarität interessiert.
Trotzdem darf die Bedeutung des Zusammenschlusses nicht zu gering veranschlagt
werden; wenn auch nur der kleinere Teil der Arbeiter organisiert war, so haben
die Organisationen vielfach — auch für die nichtorganisierten Kollegen — ansehnliche
Erfolge erzielen können. Außerdem muß berücksichtigt werden, daß es sich
jeweils um verhältnismäßig kleine Fabrikbelegschaften handelte, die oftmals in
einem geradezu patriarchalisch anmutenden Verhältnis zu ihren Arbeitgebern standen
. Die erste Arbeitgeberorganisation, der Verband oberbadischer Zigarren-Fabrikanten
, wurde 1906 gegründet. 1911 zählte er etwa 40 Mitglieder, 1919 waren es
75. Er schloß sich später dem Reichsverband Deutscher Zigarrenhersteller als Bezirksgruppe
Oberbaden an, ohne jedoch seine Selbständigkeit ganz aufzugeben.
1925 zählte die Bezirksgruppe 105 Mitglieder mit 101 Hauptbetrieben und 137
Filialfabriken.

Haben sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber verhältnismäßig spät zu einer Aktivität
aufraffen können, so setzte die staatliche Gewerbeaufsicht alsbald nach ihrer
Gründung um so energischer ein. Schon in seinem ersten Jahresbericht (1879) wies
der Fabrikinspektor Wörishoffer auf die hygienischen Schädigungen und gewisse
sittliche Gefahren in der Zigarrenindustrie hin. Damals bestanden für Betriebe
dieser Art keine besonderen gesetzlichen Vorschriften von allgemeiner Gültigkeit.
Nach einer Weisung des Ministeriums des Innern an die Bezirksärzte sollte in den
Zigarrenfabriken für jeden Arbeiter ein Luftraum von 5 cbm verlangt werden,
sofern genügende Ventilation vorhanden sei, könne auf 4 cbm herabgegangen
werden. Die Frage der Lufterneuerung behandelte wieder ein Erlaß von 1885:
„Insbesondere ist zu beobachten, daß Mangel einer gehörigen Lufterneuerung nicht
bloß an sich eine Schwächung des allgemeinen Gesundheitszustands zur Folge hat,
sondern wesentlich auch zur Entstehung der Infektionskrankheiten unter den Arbeitern
beiträgt, und daß die natürliche Luftzuführung durch Fensteröffnen wegen
der damit verbundenen Belästigung und Erkältungsgefahr in der Regel dem Zwecke
einer stetigen und gleichmäßigen Lufterneuerung nicht genügen wird." Dem Zu-

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