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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
41. Heft.1961
Seite: 9
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das Weh um die verlorene Heimat und die Sorge um die ungewisse'Zukunft
im fremden Land. Er begleitete die Bauersleute auch auf dem 12 Kilometer
langen beschwerlichen Weg zum „Heini", dem durch Rodung urbar gemachten
Allmendgelände, das sich von den Abhängen des Gewannes „Wolfhag"
bis in die Rheinebene hinein erstreckt. Wer die Bauern hat sich plagen sehen
beim Aushauen der „Stumpen", der Waldbäume und des sonstigen Wurzelwerkes
, wer erst die Nöte der Bauern des Obertales beim Mähen und Einbringen
des Wildheues auf den weit entlegenen Triften der Grinde, um ihr
Vieh in regenarmen Sommern mit Rauhfutter für den Winter zu versorgen,
mit angesehen hat, vermag die Seelenverfassung dieser Schwerstarbeiter zu
verstehen und zu würdigen, und wer die keuchenden Rebbauern gesehen hat
beim Misttragen auf die steilen Rebberge, vermag die Sorgen um den Ausfall
des Herbstes zu ermessen. Auf dieser Grundlage vermochte Stemmler dann
das Bild der Charaktereigenschaften zu schaffen, wie sie sich im Laufe der
vielen Jahrhunderte seit der ersten Besiedlung her ausgebildet haben. Er
schreibt darüber: „Der Einfluß der Bodengestaltung (bergig, felsig), der
Siedlungsart (in verzweigten Zinken und Weilern) und der Lage der Siedlungen
(im rauhen Gebirge, abseits der großen Verkehrsstraße) muß sich
natürlich bei der engen Abhängigkeit des Menschen von seinem ,mütterlichen
Grund' geltend machen in der Lebensweise, im Handel und Wandel, im
Charakter und in der Gemütsart der Bewohner. Nur eine beschränkte Anzahl
genügsamer Menschen vermag der kärgliche Boden zu nähren als Kleinbauern
, Rebleute und Holzhauer, und diese nur unter hartem Ringen mit
dem spröden Grunde. Größere Wohlhabenheit, Milde der Sitten, Gefälligkeit
und Gewandtheit im Umgang muß einer Bevölkerung versagt sein, die
tagaus, tagein in hartem Kampf mit der Natur um ihr Dasein ringt. Dafür
aber zeichnet den Gebirgler aus: Arbeitsamkeit, Genügsamkeit, Sparsinn
und unter rauher Hülle ein biederer, das Herkommen achtender
Sinn ."

Zum Ruhestandssitz hatte Stemmler Freiburg erkoren. Dort hatte er
seine Studienjahre verbracht, dort hatte er die ersten Arbeiten im Diözesan-
archiv hinter sich gebracht, dort hatte er seine Lebensgefährtin gefunden.
Geruhig gestaltete sich jedoch der Ruhestand nicht: Zuerst betrauerte
Stemmler den Heimgang der Großel, dann starb ihm die Gattin, daran
anschließend zerstörte ihm der Bombenangriff auf Freiburg nicht nur die
Wohnungseinrichtung, sondern auch die Bücherei, mit ihr die schriftlich
niedergelegten Ergebnisse seiner Forschungsarbeiten. Nur was er am Leib
getragen hatte, brachte er in die Heimat, zu den Schwestern.

Noch härter war die durch ein Augenleiden entstandene Verunmöglichung
jeglicher weiteren Arbeit. Von Gaissers in lateinischer Sprache geschriebenen
und von Stemmler ins Deutsche übersetzten Tagebüchern war erst ein Auszug
veröffentlicht, die literarische Verwertung der Gesamtarbeit stand noch
aus und mußte jetzt liegenbleiben. Zwei weitere Schicksalsschläge ver-


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