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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
41. Heft.1961
Seite: 68
(PDF, 77 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1961/0070
Aus dem Jahr 1768 erfahren wir nun auch etwas über das Zusammenleben mit
den Herrenwieser Einwohnern. Als der Markgraf Christoph wieder zu seiner
„Festung" kam, da hatte man ihm einen Triumphbogen aufgestellt und ihn mit
großen Feierlichkeiten empfangen. Am Abend gab es einen Ball. Eröffnet wurde er
„mit einem krummen Menuett", das der Adjutant mit der Frau Schwarz tanzte —
und damit sind wir wieder im Bereich des Franz Anton Dürr. Denn diese Tänzerin
war die Tochter Maria Ursula des Glashüttenbesitzers, die Frau des Glasmachers
und Faktors Franz Xaver Schwarz.

Dieser Ball, der die höfische Jagdgesellschaft und die Herrenwieser bürgerliche
Haute-volee vereinte, fand also zwei Jahre nach der Verlängerung des Glashüttenakkords
statt, der nun noch bis 1776 lief. Dürr scheint allerdings schon um diese
Zeit nicht mehr allzuviel Wert auf eine unmittelbare Mitarbeit am Herrenwieser
Glashüttenbetrieb gelegt zu haben. Auch hatte es allerlei Händel und Prozesse
gegeben zwischen ihm und seinen beiden Kompagnons. Und Herrenwies selber
hatte sich geändert.

Aus den ursprünglich nur als mehr oder weniger behelfsmäßigen Waldkolonien
waren inzwischen dauernde Siedlungen mit Gemeindecharakter geworden, wenn
auch der rechtliche Charakter der „Kolonie" bestehenblieb. Das galt auch für
Hundsbach und Erbersbrunn, die beiden anderen Gründungen Dürrs. Aber nun
schaltete sich der Staat stärker ein. Namentlich unter der Aufsicht des tüchtigen
markgräflichen Forstmeisters Tettenborn wurde manches geklärt und straffer geordnet
. Aus seinem Rastatter Oberforstamtsbericht geht einiges über die Rechtslage
und die Zustände der Kolonien hervor. Demnach galten als Eigentum nur die
Hütten, ihre Einrichtungen und das Vieh der Kolonisten. Sie hatten aber keinen
Rechtsanspruch auf Wohnsitz. Sie waren auf Wohlverhalten geduldet: und das
hieß praktisch, sie konnten aus irgendwelchen Gründen jederzeit ausgewiesen werden
, konnten aber ebenso auch ihrerseits die Kolonie ohne weiteres verlassen, wenn
sie wollten. Das war in jener Zeit, als es noch keine Freizügigkeit gab, nicht selbstverständlich
.

Da die Kolonisten keine Bürger waren, hatten sie auch keine Bürgerlasten zu
tragen. Theoretisch waren sie auch von den Fronden befreit: praktisch leisteten sie
alle Frondienste. Nur beim Zugang griff der Staat ein, denn ihm ging es um die
Erhaltung der Kolonie in dem Umfang, der arbeitsmäßig notwendig war. An einer
Vergrößerung der Kolonien hatte man um so weniger Interesse, als allmählich
die Arbeitsmöglichkeiten geringer wurden: der Wald war in den vergangenen
Jahrzehnten genügend ausgebeutet worden — die Forstverwaltung, die damals
erstaunlich wirtschaftlich dachte, das geht aus vielen Urkunden hervor, bremste
den Raubbau, wo sie nur konnte.

Die siedlungspolitischen und bevölkerungspolitischen Fragen, die das nicht unbedeutende
Anwachsen der Kolonien etwa von der Mitte des 18. Jahrhunderts aufgeworfen
hatte, sollten dann im 19. Jahrhundert noch zu mancherlei Schwierigkeiten
führen. Darauf kann hier nicht näher eingegangen werden; vor allem aber findet
man in der schon obengenannten, grundlegenden Arbeit von Karl Hasel eine eingehende
Darstellung auch der weiteren Geschichte dieser Waldkolonien. Hier seien

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