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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
41. Heft.1961
Seite: 83
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sind uns keine Beurteilungen erhalten, dagegen über die nächsten. Das war zunächst
ab 1680 Severin Columban Jüngling. Er war Oberschaffner bis 1705. Von
da an wurde ihm zum bisherigen Amt noch die Kanzleipräfektur anvertraut bis
zu seinem Tod am 1. Oktober 1713. Trotz dieser äußerlich glänzenden Laufbahn
fällte Dornblüth über ihn kein gutes Urteil. Davon spricht das Wichtigste für sich
selbst:

Dieser Mann war ein gerissener Politiker, der dem Kloster so diente, daß er auch bei
den Stadtherren nicht anstieß, denn er war selbst Bürger und hatte Güter in ihrem Gebiet
. Im übrigen zeigte er in seinem Amt geringen Eifer, war aber nach der Art der Söhne
dieser Welt ziemlidi leidenschaftlich und pfiffig und verstand es vorzüglich, die Einfalt
und Ohnmacht der Mönche zu seinem eigenen Vorteil auszunützen, was besonders vom
Jahre 1693 an aus seinem eigenen Protokoll oder vielmehr aus seinem wirren, in aller
Eile so nebenbei Zusammengeschmierten offenbar wurde.

Um dem Rat zu gefallen und zugleich als Selbstinteressent neben einigen Bürgern, wußte
er die Vergünstigung zu erlangen, eine Kelter vor der Klostermauer erbauen zu dürfen.
Er überredete Abt und Konvent mit schön klingenden, aber zu seiner eigenen Schande
angeführten Vorwänden, daß sie ein sehr großes Bodenstück des Abteigebietes vom
oberen bis zum unteren Tor, das heute für viele tausend Dukaten nicht wiederzubekommen
wäre, für Speicher und Ställe gegen den lächerlich geringen Jahreszins von einigen Pfennigen
auf immer veräußerten, zudem zu augenscheinlichster Gefahr des Brandes und der
Einäscherung der Klostergebäude.

Ebenso geschahen die verderblichen und rechtswidrigen Transaktionen mit den Zellern,
besonders 1700, auf Jünglings Rat.

Wie säumig er in seinem Amt als Schaffner und als Kanzleiverwalter war, zeigen die
von ihm vernachlässigten Zinse und die enorme Summe der von ihm bei seinem Tod
hinterlassenen Ausstände. Die nicht bezahlten Zinse hat er entgegen seiner Hauptaufgabe
nicht nur nicht hereingebracht oder erneuert, sondern auch zugelassen, daß viele andere
hängenblieben oder verlorengingen. Ein Beispiel von vielen: Einem Pflichtigen im
Pfaffenbach, der nur ein Viertel Roggen mit einem gewissen Geldzins zu bezahlen hatte,
ließ er die Schuld so lang anwachsen, daß bis 1728 hundert Viertel und der zugehörige
Geldzins schuldig waren. Abt Paulus mußte sich für diese ganze Schuld wegen vorgetäuschten
Unvermögens des Schuldners mit 100 Gulden zufriedengeben.

Das ganze Protokoll, das Jüngling von 1689 bis 1713 (24 Jahre) geradezu sudelig anfertigte
, nahm im Protokollbuch kaum den Raum von zwei Daumen Dicke ein. Diese
Nachlässigkeit in der Anfertigung des Protokolls151) war die Hauptursache, daß er die
Welschkornzehnten und die Kleinzehnten, welche Abt Augustinus dem Rat am 18. September
1699 neu verpaditete, nicht richtig aufschrieb, so daß sie aus Mangel an Beweisen
auf immer verlorengingen, wie aus den Prozeßakten zu ersehen ist.

Ferner war er die Ursache für die sehr nachteilige Verpachtung oder vielmehr rechtswidrige
Veräußerung der Abtshöfe (Kurien) in Zunsweier, Fußbach und Strohbach als
Erblehen gegen ganz geringen Kanon, obgleich sie dem Kloster ledig waren. Dornblüth
meinte dazu, die Äbte sollten sich nicht auf die Beamten verlassen, sondern sich selbst um
diese Dinge kümmern und sich die nötige Kenntnis davon zu erwerben suchen 152).

Im Kapitel vom 8. Mai 1714 wurde der Sohn des Verstorbenen, Ignatius,
26jährig, mit den vereinigten Oberämtern betraut. Er war der einzige Sohn
Severins, hatte sehr früh die Mutter verloren und wurde von klein auf sehr verwöhnt
; in den Studien war er daher nur mittelmäßig. Trotzdem verfügte er über

151) An vielen Stellen wurde später auf fehlende Protokolle aufmerksam gemacht, z. B. beim Jahr 1703:
Plura de hoc anno ob defectum protocolli memorare non possum (S. 556), und ähnlich sonst.

152) H 229, 1713, 586.

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