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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
41. Heft.1961
Seite: 88
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sehr bequem gemacht. Er erschien entweder nicht oder hatte schon zu Mittag seinen
Rausch, so daß er abends erst recht nicht da sein konnte.

Die von ihm zu fertigenden Herbstregister machte er schlecht und unvollkommen,
besonders bei dem großen Herbst 1719. Einige verlor er gar, so daß Schwierigkeiten
und Nachteile bei den Fuhrleuten auftraten.

In Niederschopfheim nahm er statt des schuldigen Weizens eigenmächtig bloß
Halbweizen, der geringeren Verkaufswert hatte, an.

Daß man dies alles erst so spät bemerkte, kam daher, weil jedermann, besonders
aber Abt Augustinus und die jeweiligen Großkeller, von seinen gleißnerischen
Reden hintergangen wurden und ihn für einen über alle Maßen fleißigen, genauen,
verständigen und gewissenhaften Schaffner hielten, sich auf ihn uneingeschränkt
verließen und vermeinten, es sei alles aufs beste besorgt, was er auch meisterlich
ausgenützt hat.

Völlig untragbar wurde er, als auch seine Untreue offenbar wurde. Abt Paulus
stellte ihn zur Rede, weil er Stroh von Biberach und Einach zum eigenen Nutzen
verwendet hatte. Er log es ihm ins Gesicht hinein weg. Den besten Klosterwein ließ
er in seinen Keller abladen. Gleichen Schnitt machte er mit den Früchten des
Klosters.

Um des eigenen Gewinnes willen schreckte er vor Urkundenfälschungen nicht
zurück. Zum Beispiel waren vom Abt öffentlich in der Kanzlei den Meiern von
Friesenheim und den Fronhofmeiern von Ichenheim ihre Güter als mannliche Erblehen
übertragen worden. Baumgartner beschrieb sie in seinen Lehenbriefen als
Kunkellehen (= Lehen mit weiblicher Erbfolge). Die vom Kanzlei Verwalter jedoch
geschriebenen Lehensbriefe fälschte er durch den Zusatz: weibliches Geschlecht162).

Aus den achtjährigen oder Schupflehen zu Friesenheim und dem Rüttihof machte
er auf gleiche Weise Erblehen.

Mit seiner Zulassung ermäßigten die Fronhofmeier zu Ichenheim sich selbst ihren
jährlichen Zins um 8 Viertel. Dann setzte er in deren neue Lehensbriefe statt der
in natura schuldigen Fronfuhren, falls man deren etwa nicht benötigte, nur 6 Schilline
an, wo sogar um 15 Schilling niemand von Ichenheim nach Gengenbach um
den Lohn gefahren wäre.

Durch den Klostermetzger erfuhr man von einem Reichenbacher, der seit
10 Jahren im Herbst drei Ohm Wein als Schuldabzahlung geliefert hatte und diese
fast immer hätte vor des Oberschaffners Haus abladen müssen.

Allgemein hat er über des Klosters Sachen nach Gefallen zu seinem Nutzen verfügt
, hat unter Vernachlässigung und Hintansetzung der klösterlichen Reben usw.
seine eigenen Trauben, seinen Wein, Dung, Heu, öhmd usw. mit des Klosters
Fuhren und Vieh zuerst ein- und ausführen lassen.

162) „Ein enormer Streich aber und welcher große Aufsicht meritiert, ist dieser: daß er ob turpe lucrum
(wie alles legaliter verhört und undersucht worden) denen Meyern zu Friesenheim und denen Fronhofmeyern
zu Ichenheim daß ihne zu einem mannlichen Erblehen öffentlich in der Kantzley vom Abt conferirte
gülltguth in Außfertigung der Lehenbriefen alß ein Kunkhel lehen verschriben und zu dessen bemäntlung
in des Kanzleyverwalters Grieningers eigenhändigen Lehenbrief ad Marginem, jedoch contra ornncm con-
nexionem sensus daß weibliche Geschlecht angeflickht hat" (Ebenda 617). Dadurch war die Fälschung entdeckt
worden. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Entstehung von Fälschungen.

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