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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
41. Heft.1961
Seite: 219
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Aller Lärm verstummte, wenn der Zunft- oder der Kerzenmeister den schweren
Schlüssel hob und auf die Tischplatte klopfte, die Kerzen anzündete und mit überliefertem
Spruch die Zunftlade öffnete. Anschließend war die Zunftordnung zu
verlesen, „wobey jeder sich des Redens und Getöses zu enthalten hatte". Auch sollte
„sich keiner gelüsten, in derley Zunft-Zusammenkünften Taback zu rauchen". Hatte
der Zunftmeister die Ordnung also bekanntgegeben, sollten Gesellen, Knechte und
Jungen „bescheidentlich" den Tagungsraum verlassen, sich jedoch allen Feierns enthalten
und zur Arbeit in die Werkstatt gehen. Was weiterhin zu verhandeln war,
blieb den ehrsamen Meistern vorbehalten.

Zu wählen waren nach Ablauf der Amtszeit der Zunftmeister, der Beisitzermeister
, zwei Viertel-, Kerzen- oder Büchsenmeister und der Zunftschreiber. Als
Schreiber schlug man brauchgemäß einen jüngeren Meister vor, der hinreichend
Zeit finden mußte, die erforderlichen Botengänge zu erledigen. Die Zunftversammlung
prüfte auch die Kassenführung. An Einnahmen standen zur Verfügung das
Leg- oder Umlagegeld, die Einschreibegebühren beim Aufdingen und Freisprechen
der Lehrjungen, das Meistergeld, die Dispensationsgebühren und die fällig gewordenen
Strafen.

Wurde ein Lehrjunge aufgedingt, war für das Einschreiben ein Gulden zu entrichten
. Zumeist bezahlte der Vater oder der Pfleger des Jungen das Aufdinggeld.
Die Herrschaft erhielt die Hälfte davon, in den Rest teilten sich Zunftkasse und
Zunftmeister. Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein wurde die Ehre des Handwerks
dadurch gewahrt, daß „die Kinder der Schinderer bis in die zweyte Geschlechts
-Fortpflanzung von Erlernung des Handwerks" ausgeschlossen wurden.
Im allgemeinen dauerte die Lehrzeit drei Jahre. Während dieser Zeit kleidete der
Meister den Jungen ein, doch wurde gelegentlich festgelegt, daß der Junge sich
selbst zu kleiden habe. Konnten Vater oder Fürsorger das Lehrgeld nicht aufbringen
, wurde die Lehre oft auf vier Jahre ausgedehnt; in diesem Falle ließ der
Meister für den ausgebliebenen Gulden den Jungen ein weiteres Jahr ohne Lohn
arbeiten. Andererseits durfte der Meister bei „Wohlverhalten und Tüchtigkeit" des
Jungen die Lehrzeit kürzen, „sollte aber der Lehrjunge mit Namens Ignatzius
Ehinger sich recht gut verhalten, wird der Lehrmeister ihm an der Lehrzeit etwas
nachlassen".

Da üblich geworden war, den Lehrjungen zu vielerlei häuslichen Verrichtungen
und Besorgungen heranzuziehen, so sehr, daß die Handwerkslehre darunter Not
litt, wurde ausdrücklich angeordnet: „Weilen auch die Jungen dem Meister zum
Handwerklernen, nicht aber denen Weibern und Meisterinnen untergeben seind,
so sollen sich diese nicht unterstehen, die Jungen zum Kinder-Tragen und anderen
Hudelpossen zu gebrauchen."

Wie für das Aufdingen forderte die Zunft auch für das Freisprechen der Lehrjungen
die Gebühr von einem Gulden, der in gleicher Weise wie das Aufdinggeld
verrechnet wurde. Auch hierbei hatte man in Notfällen ein Einsehen, so steht unter
einem Freispruch vermerkt, „nach bürgermeisterlicher Amtlicher Weisung der
Armuth wegen gratis freigesprochen". Jeder Freispruch war durch den Lehrbrief

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