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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
42. Jahresband.1962
Seite: 17
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1962/0029
geschichte der Landesherrschaft. Und wenn wir uns bei einer Sicht,
die sich nicht nur auf Einzeldaten stützen darf, nicht täuschen, offenbart hier die
Ortenau ihren wahren Charakter: den nämlich, ein für den Kreuz verkehr von
Norden nach Süden und von Westen nach Osten prädestiniertes, die Verbindungen
förderndes und sicherndes Gebiet zu sein. Neben den großen alten
Mächten, Saliern und Staufern, haben in den Burgen der Ortenau die
Zähringer und ihre Seitenverwandten, die Markgrafen von Baden,
Spuren ihrer Machtentfaltung hinterlassen. Stärker noch und deutlicher ist das
Bemühen der ihrer Lage und Nähe wegen wichtigsten Macht, der Bischöfe
von Straßburg: bischöfliche Vögte und Dienstmannen sitzen auf Burgen der
Ortenau, um der Diözese und dem Bischofsstaat den Weg durch den Schlauch des
Kinzigtals und andere Täler offenzuhalten. Mit den Zähringererben, den Grafen
von Urach-Freiburg (-Fürstenberg), ließ sich der Bischof in ein merkwürdiges
Kräftespiel ein, wobei der Bischof, im stetigen Blick auf die staufische
Herzogsmacht in Schwaben, Pfänder selbst am Ostabhang des Schwarzwaldes, in
den Burgen Kirnberg und Zindelstein in der Baar, wenigstens auf Zeit sich
sicherte31).

Natürliches Bollwerk war und blieb dabei der „Stein zu Ortenberg", ein
«Stein», verwandt dem berühmten von Rheinfelden, der einmal Königssitz geworden
war. Um den Besitz von Ortenberg ging der Streit seit dem Aussterben
der Zähringer zwischen Staufern, Zähringererben und Bischof durch ein Jahrhundert
und mehr hindurch, wobei neben anderen Zwischengliedern auch die
reichen Pfalzgrafen bei Rhein sich einzunisten versuchten. Dabei bot die Reichspfandschaft
Mittel und Wege der Auslösung, und mit der Feste Ortenberg, von
der aus in später Zeit der streitbare Graf Wilhelm zu Fürstenberg, Haudegen
Europas und anhebender Reformator des Kinzigtals, eine raffiniert-verwegene
Hausmachtpolitik betrieb32), verknüpfte sich das wechselnde Schicksal der mit
ihren Anfängen in die staufische Zeit zurückgehenden Landvogtei. Diese Land-
vogtei Ortenau, ein uns wirr, unsystematisch und zusammenhangsarm
dünkendes Gebilde, weist noch ganz auf Frühfonnen der Territorialbildung hin,
als noch nicht flächenhafte Beherrschung, sondern an Personen und Geschlechter
und damit an Burgsitze gebundene Beziehungen maßgebliche Mittel der Machtsicherung
waren. Kaum irgendwo anders wird die Unfertigkeit der Territorialbildung
in unserem Land so unmittelbar gegenwärtig, wie in der Tatsache schier
endlosen Fortbestandes einer so alten, nachgerade archaischen Form der Herrschaft:
diese Landvogtei war ein Relikt, das jeweils derjenige in die Hand nahm, der
versuchte, aus der Ortenau doch noch ein «Land» in einem nun wesentlich
anderen, jüngeren Sinne zu machen33).

31) H. Büttner, Egino v. Urach-Freiburg, der Erbe d. Zähringer, Ahnherr d. Hauses Fiirstenberg
(= Veröffentl. a. d. F. Fürstenb. Archiv 6, 1939). Zu den straßburgischen Pfändern auch Bader, Kürn-
burg, Zindelstein und Warenburg, Stützpunkte d. Zähringerherrschaft über Baar und Schwarzwald, „Schauinsland
" 64 (1937) S. 93 ff.

32) F. Baumgarten, Der wilde Graf (Wilhelm von Fürstenberg) und die Reformation im Kinzigtal
(1862). Das reiche Material über Graf Wilhelm in den Mitteilungen aus dem F. F. Archiv, I/II (1894/1902).

33) Zum „Land" im spezif. Sinne O. Brunner, Land und Herrschaft (4. Aufl. 1959).

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