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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
42. Jahresband.1962
Seite: 19
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Burg; größere Täler haben sogar deren zwei oder drei: die Talschaft zerfällt dann
in ein Ober- und ein Unter-, gelegentlich noch in ein Mitteltal. Die Verfassung
solcher Talschaften ist eigenartig und eigenständig; sie stellt ein Mittelding
zwischen Stadt und Dorf dar. Wer Urkunden zu lesen gewohnt ist, kennt
diese Abhebung; etwa wenn, um ein Zeugnis aus nachbarlichem Gebiet herauszugreifen
, von Urach, Linach und Schollach den Tälern, Kirchheim dem Kirchspiel,
Sünchingen dem Dorf, Wolfach Stadt und Tal — neben der Burg — die Rede
ist36). In diesen Tälern, wo der Landesausbau die Siedler begünstigt, finden wir
zu freiem Recht sitzende Bauern und insgesamt, nicht nur im typisch sogenannten
Freiamt ob Hachberg und im Reichstal Harmersbach37), freiere Verfassungsformen
, die das Tal, ähnlich wie in schweizerischen und anderen alpinen Gebieten38
), dem Rechtstypus der Stadt annähern. Es wäre zu wünschen, daß auch
die landes- und heimatgeschichtliche Forschung mehr als bisher auf solche
Zwischenformen einer Talverfassung achtete und zur Erhellung des merkwürdigen
Verhältnisses zwischen Burg und Dorf, Tal und Stadt beitrüge.

III.

Damit ist, sozusagen aus sich selbst heraus, das Stichwort gegeben, um zum
letzten Stück unserer heutigen Betrachtung, zur Stadt der Ortenau, zu kommen.
Die Ortenau ist heute gewiß ein städtereiches Gebiet, und trotzdem bestimmen
nicht die Städte überwiegend den Charakter der Landschaft. Stadt und Dorf
gehen, was Anlage und Größe angeht, in den ebenen Lagen weitgehend ineinander
über, und es erscheint mitunter fast als historischer Zufall, ob eine
Großsiedlung Rang und Würde einer Stadt erhalten hat. Zum mindesten ist die
Ortenau kein Land der großen Städte. Die größte Stadt der Ortenau ist, scheinbar
paradox gesprochen, das außerhalb der Staats- und Landesgrenzen gelegene
Straßburg. Wie das Bistum, so hat auch die Stadt Straßburg sich ehedem hier,
auf der anderen Seite des Stromstreifens, Einfluß und Güter gesichert. Die reichen
Bürger von Straßburg zogen zwar — dem Kenner nur als Lokalpatriotismus
bewertbar — den Elsässerwein dem Durbacher vor, der allerdings von frühen
Anfängen her selbst ein „Elsässer" ist. Wenn aber andere Dinge, etwa das begehrte
Bau- und Brennholz, in Frage standen, kaufte man drüben in der Wolf-
acher und Schiltacher Gegend, seinen Bedarf ein. Daß Straßburg, Stadt und
Bistum, auf die Ortenau herüberwirkten, ist uns bereits bewußt geworden; was
die Ortenau ihrerseits dem alten Straßburg bedeutete, wäre wohl noch sorgsamer
zu untersuchen. Hier mag es genügen festzustellen, daß, wo es um echte Urbanität
ging, Straßburg für die Ortenau die Stadt schlechthin war.

»6) Fürstenb. Urk. Buch III Nr. 83 S. 69.

37) Bader, Das Freiamt im Breisgau und die freien Bauern am Oberrhein (1936); ders., Der deutsche
Südwesten in seiner territorialstaatl. Entwicklung (1950), insb. S. 176 f.

38) „Täler" in diesem verfassungsgcschichtl. Sinne sind etwa Uri (vallis Uraniae 1234), Schwyz (univer-
sitas vallis de Switz 1291) und Unterwaiden (in valle Underwalden 1309): Quellenwerk z. Entstehung d.
Schweiz. Eidgenossenschaft I (Urk.). Einige Beispiele aus der Westschweiz bei E. Usteri, Westschweiz.
Schiedsurkunden (1955). Für Vorarlberg u. Tirol J. Grabherr, Die reichsunmittelb. Grafschaft Blumenegg
(1907) S. 23 f. mit Arens, Das Tiroler Volk in seinen Weistümern (1904).

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