http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1962/0226
Die ersten Handelsgewächse im Hanauerland
Von Ludwig L a u p p e
Das badische Hanauerland mit seinen ehemaligen Amtsorten Lichtenau, einer
ursprünglich städtischen Gründung, und Willstätt, einem Marktflecken, ist als Teil
der Oberrheinischen Tiefebene ein reines Bauernland mit ausgedehnter Landwirtschaft
, Viehzucht und Obstbau. Gepflanzt wurden die üblichen Getreidearten,
vornehmlich Roggen, schlechthin Korn genannt, die Brotfrucht. Ein wichtiges
Nahrungsmittel neben der Verwendung als Viehfutter blieb auch der Hafer.
Weizen, Gerste und Spelz (Veeß) waren laut Zehntrechnungen weniger wichtig.
Der Weizenbau nahm erst zu, als mit dem wachsenden Wohlstande Weißbrot und
Feingebäck (Lebkuchen) angeboten wurden. Dazu trat der feldmäßige Anbau der
Hülsenfrüchte: Erbsen, Bohnen, Linsen. Von überragender Bedeutung alsHandels-
gewächs ist aber der Hanauer Hanf gewesen; er hatte der Bauernschaft das nötige
Geld eingebracht, die vielerlei Abgaben der Grundherrschaft zu leisten.
Daneben lieferte er dasGetüch zur Fertigung der Kleidung ur.d der verschiedenen
Wäschestücke. Den Flachs zog man bei uns nur für den eigenen Bedarf. Weiter
begegnen wir Reps, Mohn und Rüben. Im 17. und 18. Jahrhundert verschafften
sich endlich drei Gewächse der „Neuen Welt" von volkswirtschaftlich höchstem
Werte — Welschkorn, Tabak, Kartoffeln — allgemeine Anerkennung. Ihres
Heimischwerdens im Hanauerland möge hier rückschauend gedacht werden.
Der Welschkornbau 1639
Der Nördlinger Sieg der kaiserlich-ligistischen und spanischen Heere über die
Schweden vom 6. September 1634 brachte dem Oberrhein zehn Jahre leidvollster
Not. Nun setzte auf den Dörfern eine gänzliche Ausplünderung an Früchten und
Vieh ein und überantwortete das Landvolk dem Hunger. Es mußte so der Landmann
das zum Anbau der Brotfrucht notwendige Feld mit der Reuthaue umgraben
und war dabei keinen Augenblick sicher, abgeknallt zu werden. Keine
ganzen Äcker, nur Stücke davon, konnten noch eingesät werden. Ein Ackerstreifen
mit wogendem Korn war selten geworden! Wegen Behinderung der Aussaat im
Herbste — die kriegerischen Handlungen vollzogen sich meist im Spätsommer —
wurden fast nur mehr Sommerfrüchte gebaut. Roggen, Weizen, Hafer, Gerste
Quellen : Kirchschaffnei- und Amtsrechnungen. Gelegentliche Notizen aus Akten und Protokollen der
Archive zu Karlsruhe und Straßburg.
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