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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
42. Jahresband.1962
Seite: 261
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vom angrenzenden Leisberg dermaßen auf das Kloster, daß der Konvent aus
Zellen und Refektorium weichen mußte. Sechs Stunden dauerte die wechselseitige
„Feuern", während „fast continuierlich die Sturmglocke läutete. Der Schrecken, die
große Furcht und Angst, die der gnädigen Frau, dem Konvent und allen andern
anwesenden Personen im Kloster durch diesen gefährlichen Angriff, die zu befürchtende
Plünderung und viele andere gott- und ehrvergessene Mutwilligkeit
verursacht worden, ist nicht zu beschreiben und muß dahero dem Leser zur
selbstigen Ausmalung überlassen werden". Am folgenden Tag, 24. August, brach
im Kloster ein sehr bedrohliches Feuer aus, gefährlich wegen der in der Nähe
liegenden Strohhaufen; doch konnte es gelöscht werden. Es folgten Einquartierungen
von französischen Soldaten, die „schönste Ordnung" hielten. Diese und
die mit ihnen Wache haltenden Beuerner Bauern wurden vom Kloster verpflegt,
was viele Kosten verursachte. Zudem wurde die bedrängte Äbtissin noch durch
erheuchelte „rechtmäßige" Geldforderungen eines französischen Hauptmanns
ausgebeutet. Glyckher bemerkt, man habe diese Ausgabe des edlen, allerorten
damals sehr raren Geldes im Wirtschaftsbuch des Klosters als „für Schelme verwendet
" eintragen müssen.

„Hätte es nun bei diesem sein Bewenden gehabt", fährt Glyckher fort, „so
wäre solches gleichwohl noch leicht zu ertragen gewesen. Es hat aber, da man
nach dem Aufbruch der Armee vermeint, nun in Ruhe leben zu können und von
ferneren feindlichen Erpressungen für das Jahr 1734 gänzlich enthoben zu sein,
das Schicksal dem Gotteshaus eine weit größere Prüfung vorbehalten. Am 17. September
, finsteren Abends um 9 Uhr, als man auf der Abtei eben schlafen gehen
wollte, kam ein französischer Oberstleutnant, der sich Monsieur de Sinciny genannt
, mit 16 Offizieren neben 200 Mann Kavallerie und 100 Mann Infanterie
ganz unvermerkt über Geroldsau her vor das Klostertor geritten und verlangte
alsbald mit aller seiner Begleitung eingelassen zu werden. Dies mußte man augenblicklich
befolgen, ohne zu wissen, ob es auf Raub und Plünderung oder etwas
anderes abgesehen war. Sofort nach dem Hereinlassen war der ganze Hof voll
von Pferden, Mannschaften und Feuer, welch letzteres an einigen Orten ziemlich
gefährlich schien. Bei Gefahr des ,Henkens' mußte ich alle Posten bei Namen
nennen, auch die Torschlüssel einem Leutnant einhändigen, worauf gleich die
Posten auf den Mauergängen und bei allen Toren und Türen gefaßt und besetzt
wurden. Nachdem nun dies alles im Stand war, ist Mr de Sinciny samt allen
Offizieren auf die Abtei, unter deren unterer Türe die gnädige Frau in Begleitung
von 2 oder 3 Klosterfrauen dieselben empfangen, gegangen, allwo sie noch zu
speisen verlangt. Ob nun zwar just zu allem Unglück weder Fisch noch Fleisch
vorhanden und gerade Freitag war, hat man doch von Eiern und Gebäck etwas
zusammengebracht. Die Franzosen haben aber besonders von letzterem, von dem
sie gar keine Liebhaber sind, sehr wenig gegessen, hingegen bis über 12 Uhr sich
über den roten Wein hergemacht. Das Hergeben und Anschaffen von Lichtern,
Brot, Wein, Hafer und Heu für die Mannschaft hat bis in den hellen Tag hinein
gedauert, und ehe es sozusagen geendet, wiederum den Anfang genommen und

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