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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
43. Jahresband.1963
Seite: 217
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der Bäder, aller Badeorte, eine Kurtaxe auftaucht, die zu entrichten jeder Gast
verpflichtet ist, wie auch jeder Badewirt zur Meldung verpflichtet war.

Nun, eine solche Ordnung stellte Widmann für das ärztliche und medizinische
Gebiet zusammen und überreichte sie dem Straßburger Rat: „Disz artickel, wie hie
oben verzeichnet syn, gib ich, Johann Widman von Baden, Doctor, künftiger
artzt hie zu Straszburg etc. mynen herren, dem meister und raeten, an, im
besten wyter darin zu sehen, und den gemeynen nutze zu betrachten, als ich dann
hoff und nit zwivel, sie woll wissen und tun werden."

Allerdings machte der Rat keinen Gebrauch davon — aus welchen Gründen,
ist nicht bestimmt zu sagen. Vielleicht hing es damit zusammen, daß Johannes
Widmann im Frühsommer 1484 seinen Wohnsitz änderte, Baden und das nahe
Straßburg verließ und hinüber ins Schwäbische nach Tübingen zog. Schließlich
hatte er es nicht nötig, den Straßburgern nachzulaufen, denn der Ruf Widmanns
als Arzt und Gelehrter scheint in den wenigen Jahren seines Badener Aufenthalts
sich weiter gefestigt zu haben. Man war auch an anderen Höfen auf den Leibarzt
Christophs aufmerksam geworden. Auf jeden Fall: am 28. Juni 1484 hatte der
württembergische Graf Eberhard V. im Barte ihm die Stelle eines Professors der
Medizin an der Universität Tübingen angeboten; gleichzeitig wollte er ihn zu
seinem Leibarzt ernennen. Unterm 6. Juli 1484 wird er in die Matrikel der
Universität eingetragen als „Johann Widman de Möchingen, utriusque mediana
doctor".

Die Tübinger Universität war wenige Jahre zuvor, 1477, gegründet worden, sie
war für den Schwaben Johann Widmann die Landesuniversität, und schließlich
war Eberhard auch sein eigentlicher Landesherr: manches deutet darauf hin, daß
ihm solche Empfindungen nicht fern lagen, obwohl an sich die Wissenschaft im
Mittelalter weit internationaler war als später — schon allein deshalb, weil ihre
Sprache, das Latein, um 1500 noch eine europäische Selbstverständlichkeit für
jeden gewesen ist, der wissenschaftlich arbeitete. Es kam noch hinzu, daß zumal ein
mittelalterlicher Arzt viel freizügiger war als Angehörige anderer Berufe und
Stände. Der Ruf an eine Universität mußte Widmann auch deshalb lockend erscheinen
, da er nicht damit rechnen konnte, jemals eine solche Stellung bei seinem
bisherigen Herrn, dem Markgrafen Christoph, zu erhalten: in der Markgrafschaft
Baden hat es nie eine Universität gegeben.

Auf jeden Fall durfte Widmann annehmen, er werde in Tübingen weit mehr
Gelegenheit zu wissenschaftlicher Arbeit und Lehre finden als in der Bäderstadt.
Daneben hatte er als der Medicinae doctor Magister ordinarie legens und als
ärztlicher Berater des Fürsten und seiner Gemahlin Barbara Gonzaga, einer
reichen und hochgebildeten Prinzessin von Mantua, eine Stellung am Hof zu
erwarten, die ihn über seine Kollegen erhob — und sei es nur deshalb, weil
Widmann, der so lange Jahre in Padua studiert hatte, wohl auch der italienischen
Sprache mächtig gewesen ist. Denn der schwäbische Hof jener Zeit, der Hof
eines lernbegierigen und aufgeklärten Fürsten und seiner ungewöhnlichen Gemahlin,
trug das Gepräge der italienischen Form des Humanismus: es ist die Zeit, da die
Ideen der Renaissance auch über den Alpen lebendig werden. Nicht ohne Grund

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