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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
44. Jahresband.1964
Seite: 4
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Zufälle mehr als einmal in Frage gestellt. Um die damit zusammenhängenden
Vorgänge zu begreifen, muß man sich zunächst ein Bild der ursprünglichen Ausgangslage
machen.

Ausgangspunkt: Die Art der Besiedelung.

Die da und dort vertretene Ansicht, das Tal sei im Anschluß an römische Besiedelung
') durch alemannische sogenannte Volksbesiedelung, d. h. Besitzergreifung
und Ausbau im 6. bis 7. Jahrhundert erschlossen worden, dürfte sich nach den
neuesten Erkenntnissen nicht halten lassen. Es zeigt sich nämlich, daß alle Orte,
soweit man sie bis zur Jahrtausendwende zurückverfolgen kann, einheitliche
Struktur aufweisen, die auf bewußte gleichartige Anlage schließen läßt. Sowohl
in Nußbach als in Ulm, in Stadelhofen, Erlach, Haslach, Winterbach und Renchen
können als Ausgangspunkt dieser Orte um 1000 jeweils drei „Güter" nachgewiesen
werden, die früher oder später von je vier Bauernstellen aus bewirtschaftet
wurden. Jedes Gut, sei es nun Curia oder Praedium genannt, gehörte
einem Grundherrn, der, um es in heutiger Ausdrucksweise zu sagen, wehrpflichtig
war. Er unterstand — und hier im Tal in allen vorkommenden Fällen — dem
Reich, dem König, hatte also ein Reichslehen. Dieses Hofsystem entspricht genau
dem Siedlungssystem der Ottonen, die in der Mitte des 10. Jahrhunderts die
sogenannte zweite Siedlungswelle ausgelöst hatten. Nach der ersten Volksbesiedlung
anläßlich der Landnahme war dies gewissermaßen die Kapitalaufstockung
der arm gewordenen Krone. Unter den letzten schwachen Karolingern waren
nämlich die Untergewalten2) so weit erstarkt, daß sie die Erblichkeit ihrer damaligen
Besitzungen behaupten und durchsetzen konnten. Von den Wahlkönigen
seit Heinrich I. (919) konnte (als Wahlversprechen) die Anerkennung dieses Anspruchs
immer wieder erzwungen werden3). Der Verarmung der Krone steuerten
die Ottonen durch feierliche Erklärung des Bodenrechts über alles unbebaute Land,
insbesondere der Wälder, nach einem alten Bodenregal. Und die systematische
Nutzung durch Ansetzen von Rodungssiedlungen folgte den Erklärungen auf dem
Fuße. Die später so genannten „Rittergüter" entstanden im 10. Jahrhundert, als
die Ottonen das in den Slawenkämpfen bewährte Ritterheer als Reichsheer für das
gesamte Reichsgebiet aufstellten und durch eben diese Neurodung finanzierten.

Es ist bemerkenswert, daß keine das Renchtal betreffende Nachricht vor jene
Zeit zurückreicht. Selbst die angebliche Urkunde des Bischofs Uto III. (950 bis
965), die zwischen 1141 und 1162 gefälscht wurde und Stadelhofen betrifft,
datiert nur ins Jahr 9614). Nußbach erscheint 998 und wird 1002 nach Bamberg
verstiftet, Ulm um die gleiche Zeit nach Säckingen. Gerade diese beiden geschichtlichen
Belege beweisen die Verfügungsgewalt der Könige über unser Gebiet. Es

1) Reste eines römischen Gutshofs bei der Zimmerner Kirche.

2) Die Dynastcnfamilien als Lehensträger.

3) Nach der Zeit der Karolinger, die noch autonom regiert hatten, mußten die Wahlkönige die Zustimmung
der übrigen Großen durch immer größere Zugeständnisse erkaufen. Das bedeutete immer stärkere
Schwächung des „Königsschatzes", der ja aus Grund und Boden bestand.

4) Dabei waren die ihr Bistum aufbauenden Bischöfe durchaus nicht zimperlich. So legte der von Otto III.
eingesetzte Werner I., der zum Wiederaufbau des zerstörten Münsters die alte Frauenabtei St. Stephan
erhalten hatte, Urkunden vor mit Schenkungen aus der Zeit Childerichs und anderer Merowinger.

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