Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
44. Jahresband.1964
Seite: 144
(PDF, 61 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1964/0156
Hofküche11) mit Butter, Eiern, Hühnern, Kälbern sowie die Bezahlung gekauften
Weines aus dem Oberelsaß oder Breisgau wurde den Gemeinden unmittelbar auferlegt
, auch noch nach 1658, da das Frongeld als Küchengeld — Willstätt vierteljährlich
21 Q, Lichtenau 23 S 6 ß für 1662 — zu liefern war. Die Ausgaben für
den gräflichen Hofhalt und die persönlichen Bedürfnisse der hohen Herrschaften
verschlangen, wie einige Kanzlei- und Gemeinderechnungen ausweisen, jahraus,
jahrein die geringen Gefälle der verarmten Ämter. Von Schuldenzahlen war da
keine Rede.

Graf Johann Reinhard II. nahm sich des zerstörten Willstätter Schlosses an und
ließ den „Vorderstock" zur Wohnung des neuen Amtmannes Johann Reinhard von
Hornberg herrichten. Gleichzeitig gab er Befehl zum Bau des Marstalles. „Item der
Marstall unden an dem Schloß, darauf ein Saal und undersdiiedliche Stuben mit
Cammern, haben Ihr Hochgräfl. Gn. wohlseeligen Andenckhens von neuem erbauen
und uff richten lassen" (Inventar 1666). Die Räume bewohnte der Stallmeister
, Junker Wilhelm David von Mund. Ein Teil der Marstallfront samt einem
Tor mit der Jahreszahl 1662 und einem ovalen Fenster im Barockstile ist heute
noch als Rückwand einer Scheune erhalten. Einziges Überbleibsel vergangener
Herrlichkeit! Die Steinbrüche zu Friesenheim und Mutzig lieferten die Sandsteine.
In den Lichtenauer Schloßruinen wurden im Mai 1663 alte Mauersteine, über
20 Wagen voll, durch die Fröner „ausgedolben" und abgeführt. Das Interesse des
Grafen galt, „in Ansehung wir in starckem Bauen begrieffen seindt", dem Ziegelofen
zu Lichtenau. Stadtschreiber Bräuning ward unterm 15. Mai angewiesen, dem
Ziegler das gräfliche Mißfallen auszusprechen, da durch seine Saumseligkeit im
Brennen von Kalk und Steinen die Handwerksleute in ihrer Tätigkeit gehindert
würden. Die Befestigungsanlage Willstätts wurde durch Auswerfung des Grabens
und Aufschüttung eines Walles gestärkt, beide Tore durch neue Torhäuser aus
Fachwerk verwahrt.

Einer hochgräflichen Sauf- und Raufgeschichte wäre noch zu gedenken!

Vornehmstes Absteigequartier Straßburgs waren die Herbergen zum „Raben" und
„Ochsen", wo sich die Edelleute vom Unterelsaß und aus der Ortenau in feucht-fröhlicher
Gesellschaft vereinigten. Gelegentlich eines am 4. Juli 1665 im „Ochsen" von Graf Joh.
Reinhard mit Baron Otto Gallen von Stubenberg auf Bruderschaft zugedachten Trunkes
geleitete letzterer Ihr Gnaden aus seinem Zimmer ins gräfliche Gemach. Die vom Wein
erhitzten Herrschaften gerieten in Wortwechsel, in dessen Verlauf der Graf seinem Zechgenossen
und Duzbruder den blanken Degen vor die Nase hielt. In seiner Wehrlosigkeit
berief sich dieser auf Kavaliersmanier, fiel seinem aufgebrachten Gegner in die Waffe und
trachtete, sich so gut als möglich aus der Gefahr zu ziehen. Voller Wut jedoch ließ Joh.
Reinhard den Wehrlosen durch seine Begleiter, die vom übermäßigen Trunk ebenfalls ganz
berauscht waren, zu Boden schlagen, an den Haaren reißen, mit Füßen treten und dergestalt
traktieren, daß er nur wie durch ein Wunder mit dem Leben davonkam. Denn ein
gefährlicher Stoß, den der Graf nach seinem Opfer gezielt hatte, traf glücklicherweise den
Stubenboden. Im Tumult war dem Baron auch seine auf 24 Reichstaler zu bewertende

11) Vermutlich datiert aus der Zeit der gräflichen Residenz, da von den Brocken der Hoftafel etwas
für die Ortsarmen abfiel, der Spitzname „Plattenschlecker'', den Bischofsheim übrigens mit Buchsweiler
gemeinsam hat. Eine boshafte Anspielung auf das Verhältnis der Untertanen, die bettelnd die Platten leerschlecken
durften, zum Hofe!

144


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1964/0156